Er besuchte gemeinsam mit Christopher Reeve die Juilliard School: Robin Williams wurde einem breiten Publikum vor allem als Komiker bekannt. Ohne Frage brillierte er aber auch als Charakterdarsteller mit komischer Note. Er war kein Komiker, der um des Spaßes Willen in einem Film mitspielte. All seine Rollen hatten einen Hintergrund und transportierten eine Botschaft: Nicht zuletzt durch seine Rolle in Club der Toten Dichter [Dead Poets Society, 1989] etablierte er sich als gefragter Charakterdarsteller, der jede Rolle mit einem Hauch von Komik verzierte. Nicht zuletzt gelobt für sein Talent als Improvisationskünstler, ging Robin Williams als einer der einflussreichsten Komiker des 20. Jahrhunderts in die Annalen ein. 

Spagat zwischen Komik und Drama

Seine Karriere begann als Stand-Up-Comedian im San Francisco und Los Angeles der 1970er Jahre: Auf der Leinwand war er erst in den 1980ern gefragt. Beginnend mit dem Comedy-Drama Garp und wie er die Welt sah [The World According to Garp, 1982] wurde Robin Williams einem Publikum bekannt, das in den 80ern vergeblich nach Schauspielern suchte, die den Spagat zwischen Komik und Drama glaubwürdig vollbringen konnten. Williams war genau so ein Schauspieler: Komik und Drama, das waren für Williams keine Genres, die sich widersprachen.
Betrachtet man Williams’ Schauspielkunst, erhält man den Eindruck, dass das Genre der Comedy und das Genre des Dramas fließend ineinander übergehen.
Während seiner Zeit an der Juilliard School hatten er und Christopher Reeve den selben Lehrer in Mundart: Dort fiel Williams wegen seiner Fähigkeit auf, innerhalb kürzester Zeit die verschiedensten Dialekte zu imitieren. 

Wer Robin Williams einmal live erlebte, wird dieses Erlebnis sicherlich nie vergessen.

Juilliard: Seiner Zeit weit voraus

Nach drei Jahren verließ Robin Williams die Juilliard School: Das überraschte damals niemanden, da die Schule für Williams einen zu konservativen Ansatz hatte, Schauspielkunst zu lehren.
Robin Williams war seiner Zeit weit voraus: Genauso wie Mr. Keating (gespielt von Robin Williams) in Der Club der toten Dichter am Ende des Films die Schule verlassen muss, weil er seiner Zeit weit voraus war, musste Williams Juilliard verlassen: Einer der Gründer der Schauspielabteilung der Juilliard School, John Houseman, riet Robin Williams zu diesem Schritt.
Wer Robin Williams einmal live erlebte, wird dieses Erlebnis sicherlich nie vergessen: Als Williams nach seiner Zeit an Juilliard live Comedy-Auftritte absolvierte, nahm er zum ersten Mal Fühlung auf mit dem Showbusiness. 

San Fransisco

Als Robin Williams nach San Francisco ging, war die Stadt einer der facettenreichsten Orte für aufstrebende Schauspieler: Damals fanden nicht nur in Theaterhäusern Auftritte statt. Auftritte fanden überall dort statt, wo man ein Paar Vorhänge aufhängen konnte und einen Scheinwerfer aufstellen konnte. In dieser Umgebung wuchs Robin Williams zu dem Schauspieler heran, der später weltweit für seine Darstellerkunst gefeiert wurde.
In der Comedy-Szene von San Francisco war Robin Williams ein echter Exot: Seine Kollegen konnten meistens nur eine Rolle gleichzeitig spielen, wohingegen Williams unzählige, kleine Comedy-Acts einstudiert hatte, mit denen er das Publikum beeindrucken konnte. 

Robin Williams trat in den Clubs von San Francisco nicht nur auf, er arbeitete auch dort: Nicht selten war Williams in den Siebzigern hinter der Bar eines Clubs zu sehen, wie er gerade Getränke ausschenkte. Für Williams waren diese „normalen“ Tätigkeiten die Inspiration für viele seiner Comedy-Acts, die oft dem alltäglichen Leben entlehnt waren. 

Good Morning, Vietnam

Man kann nur erahnen, wie es gewesen sein muss, Robin Williams live zu erleben: In Good Morning, Vietnam (1987) spielt Williams die Rolle des Radiomoderators Adrian Cronauer, der für die US-amerikanische Armee in Vietnam auf Sendung ging. Die zahlreichen Passagen im Film, in denen Williams vor dem Radiomikrofon sitzt, lassen erahnen, wie es gewesen sein muss, wenn Williams live auf der Bühne stand. Good Morning, Vietnam war der erste wirklich erfolgreiche Film, in dem Robin Williams mitspielte: Der Erfolg des Films war wie eine Entspannung für ihn. Fortan war er mehr als ein Fernsehschauspieler und ein Stand-Up-Comedian – die Rolle des Adrian Cronauer machte ihn zu einem erfolgreichen Hollywood-Schauspieler. 
Zuvor war Robin Williams mit der Rolle des Außerirdischen Mork vom Ork in der gleichnamigen Sitcom international bekannt geworden: In insgesamt 95 Episoden spielte er zwischen 1978 und 1982 die Hauptrolle in der Sitcom. 

Robin Williams beherrschte den Spagat zwischen Drama und Komik.

Der Club der toten Dichter

Seine Rolle als Mr. Keating in Der Club der toten Dichter ist eine seiner tiefgründigsten Rollen: Mr. Keating ist ein Englischlehrer, der die üblichen Herangehensweisen an das Fach ablehnt und den Schülern sein Fach auf andere Art und Weise nahebringt. Obwohl am Ende des Films das etablierte System siegt und Mr. Keating die Schule verlassen musste, vermochte Keating es, seine Schüler intellektuell weiterzubringen: Man kann sich niemanden vorstellen, der die Rolle besser hätte ausfüllen können, als Robin Williams. Obwohl Mr. Keating nicht in jeder Szene des Films zu sehen ist, ist seine Präsenz in jeder Szene zu spüren. Obwohl Keatings Auftritte stets eine komische Note tragen, sind sie in ihrer Natur bitterer Ernst. Das ist genau das, was Williams perfekt beherrschte: Drama mit Komik zu verknüpfen. 

Oft kopiert, nie erreicht

Robin Williams spielte seine größten Rollen in den Achtzigern und Neunzigern: Das Psychologie-Drama Good Will Hunting (1997), in dem Williams die Rolle des Dr. Sean Maguire spielte, zählt zu einem der bekanntesten Auftritte Williams’ in den Neunzigern.
Die Filme, in denen Robin Williams mitspielte, waren nicht einfach nur komisch, sie regten zum Nachdenken an: Er spielte nicht nur Charaktere, die ihrer Zeit weit voraus waren, er war selbst seiner Zeit weit voraus. Sein Ansatz an die Kunstform der Komödie ist bis heute einzigartig geblieben und wie bei vielen großen Künstlern gilt auch bei Robin Williams: Oft kopiert, nie erreicht.

Simon von Ludwig


Maßgebliche Quelle: Itzkoff, Dave: „Robin“, 2019 Picador

Beitragsbild: © Simon von Ludwig


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