Das Jahr 1954 war ein großes Jahr für James Stewart: Er spielte in gleich zwei Filmen mit, die bis heute das Image des Hollywood-Schauspielers prägen. In Die Glenn Miller Story schlüpfte Stewart in die Rolle des Swing-Komponisten Glenn Miller, der das Genre des Swing wie keiner zuvor prägte und 1944 unter bis heute mysteriösen Umständen in den Wirren des Krieges verschwand.
Außerdem feierten Stewart und Alfred Hitchcock 1954 den Höhepunkt ihrer zehnjährigen Zusammenarbeit: In Das Fenster zum Hof spielte Stewart den Profiphotographen Jeff, der durch eine Verletzung vorübergehend an den Rollstuhl gefesselt ist und mit seiner Partnerin Lisa Fremont (Grace Kelly) einen Mord in der Nachbarschaft aufklärt.
Studium der Architektur
Denkt man an große Schauspieler des 20. Jahrhunderts, taucht der Name James Stewart unweigerlich auf. Cary Grant sagte einst über ihn, er sei einer der ersten Schauspieler gewesen, der die Fähigkeit gehabt habe, in einem Film wie in einer wirklichen Konversation sprechen zu können.
Ursprünglich studierte James „Jimmy“ Stewart Architektur – er schloss sein Studium erfolgreich ab, übte den Beruf jedoch nie aus. Schon als Stewart studierte, entdeckte er seinen Hang zur Schauspielerei: Als Mitglied von studentischen Theatergruppen war Stewart oft auf der Bühne zu sehen.
Broadway
Eines Tages wurde James Stewart zur Theatergruppe Falmouth Players eingeladen: Dort traf er seinen Freund und späteren Hollywood-Schauspieler Henry Fonda, mit dem er sich einige Zeit ein Zimmer teilte. Stewart soll früh gewusst haben, dass die Architektur nicht seine Bestimmung war: Die Schauspielerei zog ihn magisch an.
Im Oktober 1932 feierte James Stewart sein Broadway-Debüt: Wie viele andere Hollywood-Stars begann Stewart seine Karriere am New Yorker Broadway.
Mit dem Stück Yellow Jack, ein Drama über Soldaten, die für Gelbfieber-Experimente missbraucht wurden, rückte James Stewart im März 1934 in das Bewusstsein der Theaterwelt. In der Rolle des idealistischen Sergeant O’Hara wurde zum ersten Mal von James Stewarts Auftritt Notiz genommen.
Nun dauerte es nicht mehr lange, bis die Filmszene auf James Stewart aufmerksam wurde: Auf die Empfehlung von Hedda Hopper, einer einflussreichen Gesellschaftskolumnistin, luden ihn die MGM Studios zu Probeaufnahmen ein. Im Film Der elektrische Stuhl (1935) war James Stewart zum ersten Mal auf einer Kinoleinwand zu sehen: Der Star des Films, Spencer Tracy, erkannte gleich das Talent von James Stewart, obwohl ihm nur eine kleine Rolle zukam und er somit kaum beachtet wurde. Scheinbar erkannten auch die MGM Studios Stewarts Talent: 1936 drehte er insgesamt acht Filme, in den folgenden Jahren waren es ähnlich viele.
Mr. Smith
Mit dem Film Mr. Smith geht nach Washington hatte James Stewart 1939 seinen endgültigen Durchbruch: James Stewart spielt den Pfadfinderführer Jefferson Smith, der als Nachfolger eines verstorbenen US-Senators in dessen Amt gehievt wird. Nicht ohne Grund fiel die Wahl auf Jefferson Smith: In seiner Naivität soll der Pfadfinderführer die Machenschaften des Gouverneurs und des Parteichefs decken. Smiths Lieblingsprojekt, die Errichtung eines nationalen Pfadfinderlagers, soll als Deckmantel für die wirtschaftlichen Interessen der Politiker seines Heimatstaates missbraucht werden.
Doch Smith spielt nicht mit: Er erkennt, dass er manipuliert wurde und setzt alles darauf, die Machenschaften aufzudecken. Schließlich kommt es zu einem Untersuchungsausschuss, bei dem Jefferson Smith dem gesamten Senat als Feind gegenübersteht: Nur die Sekretärin des altgedienten Senators Joseph Paine (Claude Rains), gespielt von Jean Arthur, steht auf seiner Seite. Um die Abstimmung hinauszuzögern, hält Smith eine 24-stündige Filibuster-Rede, deren Dreharbeiten drei Wochen in Anspruch nahmen.
Brisante Rolle
Jene Dauerrede, die James Stewart körperlich extrem in Anspruch nahm, ist bis heute eines seiner Markenzeichen. Doch auch psychisch setzte die Rolle ihm zu: Jean Arthur sagte später, Stewart sie zu dieser Zeit nie schneller als 8 km/h zu den Studios gefahren – aus Angst, ihm könnte etwas zustoßen.
Wie kaum anders zu erwarten, sorgte der Film für große Empörung in den USA: Es ist der vielleicht brisanteste Film, den Stewart je drehte. Den Chef der Columbia Studios erreichten sogar Angebote, den Film gegen eine Summe von mehreren Millionen Dollar im Giftschrank verschwinden zu lassen. Doch der Regisseur Frank Capra setzte sich dafür ein, dass der Film weiterhin gezeigt wurde: Somit ist Mr. Smith geht nach Washington bis heute einer der bekanntesten Filme mit James Stewart.
Marlene Dietrich und Katharine Hepburn
In seinem nächsten Film Der große Bluff spielte Stewart den idealistischen Westernhelden Tom Destry, der niemals Waffengewalt anwenden möchte. Der Western verhalf Marlene Dietrich in der Rolle der Barsängerin Frenchy Ende der Dreißiger zu einem Imagewandel, nachdem sie zahlreiche Flops hinter sich hatte: Bis heute ist die Szene berühmt, in der sich Marlene Dietrich mit James Stewart in einem Saloon prügelt.
Katharine Hepburn hatte James Stewart für eine der Hauptrollen in ihrem Filmprojekt Die Nacht vor der Hochzeit (1940) auserkoren: Das Projekt wurde ein phänomenaler Erfolg. Der Film brach alle Zuschauerrekorde in der Radio City Music Hall in New York und wurde in sechs Kategorien für den Oscar nominiert.
Oscar
Doch am Ende nahm nur einer der Schauspieler einen Oscar für Die Nacht vor der Hochzeit mit nach Hause: James Stewart. Ursprünglich hatte Stewart nicht vor, zur Verleihung zu erscheinen – aus Enttäuschung darüber, im vergangenen Jahr für Mr. Smith geht nach Washington keinen Oscar bekommen zu haben. Doch schließlich rang sich Stewart dazu durch, zur Verleihung zu kommen. Alle Anwesenden waren sich darüber einig, dass Stewart den Oscar eigentlich für den zwölf Monate zuvor nicht ausgezeichneten Mr. Smith erhielt – James Stewart selbst bekräftigte diese Vermutung später in einem Interview. Die Oscar-Statue schickte Stewart zu seinem Vater nach Indiana, der die Statue in seinem Eisenwarenhandel ausstellte.
Krieg
Als der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg immer näher rückte, hatte James Stewart immer mehr das Bedürfnis, sich den Streitkräften anzuschließen: Er wollte bei der Luftwaffe dienen – das Fliegen war schon seit längerer Zeit ein Hobby des Hollywood-Stars gewesen. Stewarts Bedürfnis lag darin begründet, dass es in seiner Familie eine lange Tradition gab, in der Armee zu dienen. Während seiner Zeit bei den Streitkräften verzichtete Stewart auf jegliche Form der Publicity – er trat den Streitkräften bei, um einer familiären Tradition zu folgen, nicht um für seine Tätigkeit in seiner Heimat als Held gefeiert zu werden.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges markierte eine Zäsur im Leben von James Stewart – nun war er gezwungen, die Sicherheit seines Lebens als hoher Offizier gegen die Unsicherheiten eines Zivillebens einzutauschen…
Maßgebliche Quellen: Dewey, Donald: „James Stewart – Ein Leben für den Film“, 1997 Henschel Verlag und Coe, Jonathan: „Jimmy Stewart – A Wonderful Life“, 1994 Arcade Publishing