Seine Mutter wollte, dass er etwas Künstlerisches machte: In seiner Jugend wurde Paul Newman von seiner Mutter in das Cleveland Play House mitgenommen, um mit dem Showbusiness in Kontakt zu treten. Der Intendant des Theaters war ein Bekannter seines Onkels Joe.
Sein Vater hingegen, der ein erfolgreiches Sportwarengeschäft führte, wollte, dass sein Sohn eines Tages in seine Fußstapfen tritt – doch nachdem Newman einige Zeit lang Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, merkte er, dass er aus seinem Leben etwas anderes machen wollte, als den ganzen Tag hinter einem Schreibtisch oder einem Verkaufstresen zu sitzen.
Bereits im Alter von neun Jahren stand Paul Newman auf einer Schulbühne. Als er nach seiner Zeit bei der Navy während des Zweiten Weltkriegs das Kenyon College besuchte, ging er seiner Leidenschaft weiterhin nach: Es gab acht bis zehn Aufführungen pro Jahr. Sein Schauspiellehrer und Freund Jim Michael gab ihm Rückenwind und half ihm, seine ersten Schritte als professioneller Schauspieler zu gehen. Doch Newman gab sich zu dieser Zeit nicht zufrieden mit seinem Schauspiel: Zu dieser Zeit hätte sein Können lediglich für eine durchschnittliche College-Aufführung gereicht, betonte er später immer wieder.
Ein Unternehmen der anderen Art
Zu Paul Newmans ersten Bühnenrollen zählte unter anderem eine Rolle in Jean Anouilhs Antigone: Newman betont in seinen Memoiren, dass er die Schauspielerei am College nicht wegen des Glamours oder um seiner Prominenz willen betrieb.
Vielmehr hatte er während seiner College-Zeit mit einem Unternehmen der besonderen Art Erfolg: Er sammelte die Wäsche von der gesamten Studentenschaft ein, um sie bei einer großen Wäscherei waschen zu lassen, und gab jedem Studenten, der seine Wäsche vorbeibrachte, ein Freibier als Dank für den Auftrag. Als es noch keine Waschmaschinen für den Privatgebrauch gab, war das Waschen für viele Studenten ein ernsthaftes Problem.
Viele prophezeiten ihm, dass er mit dieser Idee untergehen würde: Das Gegenteil war der Fall. Das Unternehmen entpuppte sich als riesiger Erfolg und später konnte Newman seinen Wäscherei-Service sogar verkaufen. Rückblickend auf diese Zeit sagte Newman später, dass der Wäsche-Service der eigentliche Triumph seiner Zeit am College gewesen sei und nicht die Schauspielerei.
Freigeist ohne Mentor
Am Nachmittag des Tages, an dem Paul Newman seinen College-Abschluss erhalten hatte, saß er bereits im Zug nach Chicago. Er war auf dem Weg nach Williams Bay in Wisconsin, wo er von einem örtlichen Theater ein Sommerstipendium erhalten hatte.
Als Paul Newman am Anfang seiner professionellen Schauspielkarriere stand, verliefen die Dinge alles andere als geplant: Er musste Ende der Vierziger sogar für einige Wochen auf einer Farm den Schafspferch ausmisten, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
In seinen Memoiren schrieb Newman, dass er niemals in seinem Leben so etwas wie einen Mentor gehabt habe. Er könne sich weder an ein Elternteil, noch an einen Lehrer oder sonst irgendjemanden erinnern, der ihn maßgeblich in seinen Vorstellungen geprägt habe.
Newman selbst sah darin zwar ein Problem, da er niemanden hatte, der ihm seelischen Rückhalt hätte geben können. Andererseits fand er so wahrscheinlich schneller heraus, wer er selbst wirklich war: Er lief Zeit seines Lebens keiner anderen Persönlichkeit hinterher, keiner festgeschriebenen Ideologie und war gewissermaßen ein Freigeist.
Paul Newman hatte keinen Mentor, aber nicht etwa, weil er kein Talent und Potenzial besaß, sondern weil er schlichtweg keinen brauchte, um erfolgreich zu sein.
Schauspielen: Seine Leidenschaft
Nachdem Paul Newman seine Ausbildung am Kenyon College abgeschlossen hatte, betrieb er zunächst einige Zeit das Sportwarengeschäft seiner Familie weiter. Obwohl er bereits wusste, dass die Schauspielerei seine Leidenschaft war, entschied er sich zunächst für diesen scheinbar einfacheren Weg, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Aber Paul Newman fand in diesem Metier keinerlei Erfüllung: Er entschloss sich 1951 dazu, ein Studium an der Yale School of Drama in New York zu beginnen. Dort studierte er Regiearbeit – Newman war sich immer noch nicht sicher, ob er eine Zukunft als Schauspieler hatte. Regiearbeit wählte Newman deshalb, um auch als Regisseur arbeiten zu können, falls er als Schauspieler seinen Durchbruch nie haben würde. Zwar spielte er in seiner Heimatstadt Cleveland in einigen Werbespots mit und präsentierte den Wetterbericht. Dennoch überwogen zunächst die Zweifel, ob aus seiner Vorstellung, eines Tages gefragter Schauspieler zu werden, etwas werden würde.
Method Acting
Nachdem Paul Newman bei einer Inszenierung des Stücks Beethoven an der Yale University von einer Talentagentur entdeckt worden war, nahm seine Schauspielkarriere allmählich an Fahrt auf: Paul Newman blickte zum ersten Mal in die damalige Welt der Schauspieleragenturen hinein und war entsetzt über die Eindrücke, die er sammelte.
Nach nur acht Monaten beendete er sein Studium an der Yale University wieder und besuchte das New Yorker Actors Studio, wo er an Lee Strasbergs Method Acting herangeführt wurde: Da er damals bereits eine Familie hatte, war Newman ein echter Exot unter den Studenten, die alle noch relativ jung waren und dem typischen Klischee des Schauspielstudenten entsprachen.
Wie unzählige andere US-amerikanische Schauspieler feierte Paul Newman sein Debüt am New Yorker Broadway: Dort spielte er 1953 im Broadway-Stück Picnic, das bei der Kritik und beim Publikum sensationell aufgenommen wurde. Der Regisseur des Stücks, Josh Logan, war zunächst skeptisch, Newman im Stück zu besetzen. Doch der Erfolg des Stücks belehrte ihn eines Besseren: Logan räumte für seine Regiearbeit 1953 sogar den Pulitzer-Preis ab.
Hollywood oder Theater?
Ohne Frage war es das Broadway-Stück Picnic, das den Namen Paul Newman in der Schauspielwelt nach vorne katapultierte: Newman war nun für verschiedene Fernsehproduktionen und Broadwaystücke im Gespräch. Verschiedene Agenten aus Hollywood hätten sich zu diesem Zeitpunkt auch bereits bei ihm gemeldet, schreibt er in seinen Memoiren: Von seinem Regisseur in Picnic habe er den Ratschlag bekommen, nicht nach Hollywood zu gehen. Sein Agent aber vermittelte ihm, Hollywood werde vielleicht noch ein paar Mal während seiner Karriere an seiner Tür klopfen – doch seine Erfahrung sagte ihm, man könne nie wissen, wann es das letzte Mal gewesen ist.
Paul Newman war sich nicht sicher, ob er nach Hollywood gehen sollte oder seine Theaterkarriere fortführen sollte…
Maßgebliche Quelle: Newman, Paul: „Das außergewöhnliche Leben eines ganz normalen Mannes – Die Autobiografie“, 2022 Heyne Verlag
Beitragsbild: © Simon von Ludwig