Man nannte ihn einst den „König von Hollywood“: Clark Gable zählt ohne Frage zu den bekanntesten Stars des Kinos des 20. Jahrhunderts. Sein erster Leinwandtest bei den MGM Studios soll die Produzenten nicht unbedingt überzeugt haben – man glaubte, Clark Gables Ohren seien „zu groß“, um Filmstar zu werden. 
In seinen frühen Zwanzigern soll Clark Gable mit der Schauspielerei angefangen haben: Die Schauspielerin Josephine Dillon (1884 – 1971) nahm den jungen Clark Gable unter ihre Fittiche, bildete den jungen Gable in den verschiedenen Disziplinen der Schauspielkunst aus und kam für seine Behandlung beim Kieferorthopäden auf. Dillon wurde gute zwei Jahrzehnte später Clark Gables erste Ehefrau.

Clark Gables Mutter starb, als er gerade einmal zehn Monate alt war – seine Stiefmutter soll später eine große Rolle dabei gespielt haben, den jungen Gable für die Kunst zu begeistern. Daneben soll Gable eine große Faszination für die Automechanik besessen haben – nicht selten kam es vor, dass er gemeinsam mit seinem Vater Autos reparierte.

Autos zu reparieren war bei Weitem nicht Clark Gables einziges Interesse.

Anfänge als Schauspieler

Doch Autos zu reparieren war bei Weitem nicht Clark Gables einziges Interesse: Folgt man Chrystopher J. Spicers Biographie über Clark Gable, soll er in jungen Jahren ebenfalls eine Faszination für Shakespeare gehegt haben und im vertrauten Umfeld einige seiner Sonette vorgetragen haben. 
Wie kam es, dass aus einem Schauspieler, der vom Land kam und das Protegé einer altgedienten Schauspielerin war, im weiteren Verlauf seines Lebens die Definition der amerikanischen Männlichkeit wurde? Clark Gable prägte wie kein anderer das Kino der damaligen Zeit – spielte ein junger Schauspieler mit dem Gedanken, sich als Hauptdarsteller zu etablieren, musste er sich zu jener Zeit mit Clark Gable messen. 

Ohne Frage setzte sich Josephine Dillon zum Ziel, aus Clark Gable einen gefragten Schauspieler zu machen: Die beiden heirateten 1924 – es war eine Hochzeit entgegen der damaligen Konventionen, denn Gable war 17 Jahre jünger als Dillon. Nichtsdestotrotz war es ein wichtiger Schritt für Clark Gable auf seinem Weg an die Spitze: Seinen ersten Erfolg als Schauspieler verbuchte er 1928, als er eine Hauptrolle im Broadway-Stück Machinal übernahm. Zuvor hatte er bereits kleinere Rollen in den Stummfilmen Ben Hur [Ben-Hur: A Tale of the Christ, 1925] und Die lustige Witwe [The Merry Widow, 1925] gespielt. 

Das Ideal der „amerikanischen Männlichkeit“

Viele Schauspieler-Karrieren der damaligen Zeit begannen am Broadway: Regelmäßig wurden die Broadway-Theater von Impresarios besucht, die nach neuen Talenten für den Film Ausschau hielten. Obwohl Clark Gable bereits in einigen Stummfilmen mitgespielt hatte, waren sich die MGM-Produzenten unschlüssig, ob Clark Gable der geeignete Schauspieler sein würde, um in Zukunft MGM-Filme als männlicher Hauptdarsteller tragen zu können: Seine Rolle im niedrig budgetierten Western Feindschaft [The Painted Desert, 1931] – zugleich sein Tonfilm-Debüt – belehrte die Verantwortlichen bei MGM jedoch eines Besseren: Man erkannte Potenzial im jungen Clark Gable, zumal mit dem Aufkommen des Tonfilms eine neue Generation von Schauspielern das Feld betrat. Viele altgediente Stummfilmschauspieler konnten sich nur schwer mit dem Genre des Tonfilms anfreunden und verschwanden zuhauf in der Bedeutungslosigkeit – dieser Umstand hatte zur Folge, dass sich für junge Schauspieler wie Clark Gable zahlreiche neue Möglichkeiten boten. Fortan wurde es Clark Gables Spezialität, relativ aggressive Männertypen auf der Leinwand darzustellen und somit dem Publikum ein Ideal der „amerikanischen Männlichkeit“ vorzuführen. Clark Gable selbst war vermutlich gar nicht die Art von Mann, die er auf der Leinwand meist portraitierte – dass man Clark Gable nicht ewig als unnahbaren, zutiefst „männlichen“ Stereotypen darstellen konnte, wurde auch irgendwann den Hollywood-Studios klar… 

Carole Lombard

1932 spielte Clark Gable im Paramount-Film No Man of Her Own (1932) an der Seite von Carole Lombard: Im Film spielten beide ein verheiratetes Paar. Damals konnte noch kaum einer ahnen, dass dieser Film der Beginn einer Romanze war, die 1939 – Clark Gable spielte gerade in Vom Winde verweht [Gone with the Wind, 1939] – zur Hochzeit führen würde. Die Romanze zwischen Carole Lombard und Clark Gable war von großem öffentlichen Interesse und die Hollywood-Studios legten wert darauf, dass über die Beziehung der beiden berichtet wurde. Damit war Clark Gable nicht nur der Inbegriff der Männlichkeit auf der Leinwand, sein Name war nun auch in zahlreichen Schlagzeilen und Klatschspalten neben dem Namen von Carole Lombard zu finden. Vielleicht war die Beziehung der beiden tatsächlich weit mehr als „nur“ eine Publicity-Kampagne der Hollywood-Studios? 

Nachdem die beiden nur wenige Jahre verheiratet waren, veränderte jedenfalls der 16. Januar 1942, als Carole Lombard bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, sein Leben gravierend – obwohl er gerade zahlreiche Schauspielerfolge verbuchen konnte, zog er sich 1942 zunächst komplett aus Hollywood zurück und trat den US-amerikanischen Streitkräften bei. Bis heute gilt das Paar Carole Lombard-Clark Gable als eines der Hollywood-Paare schlechthin.

Clark Gable 1953 in der Hotelküche eines Hotels in Amsterdam.
Bildnachweis: Fotograaf Noske, J.D. / Anefo, Nationaal Archief, CC0

San Francisco

Der Armeedienst brachte der medialen Persönlichkeit Clark Gable enorm positive Schlagzeilen ein: Nach dem Krieg kehrte Gable als eine Art Held in seine amerikanische Heimat zurück und hatte keine Probleme, als Schauspieler hochkarätige Arbeit zu finden. Nichtsdestotrotz lag der Höhepunkt seiner Schauspielkarriere in den Dreißigern – in Filmen wie Helgas Fall und Aufstieg [Susan Lenox: Her Fall and Rise, 1931] oder Screwball-Komödien wie Es geschah in einer Nacht [It Happened One Night, 1934] verewigte sich Clark Gable an der Seite von Legenden wie Greta Garbo, Claudette Colbert oder Spencer Tracy (San Francisco, 1936). Der Film San Francisco, der die Geschichte des großen Erdbebens von San Francisco 1906 nacherzählt, gilt bis heute als eine der besten schauspielerischen Leistungen von Clark Gable. 

Nicht (mehr) gesellschaftsfähig?

In den Vierzigern und Fünfzigern drehte Clark Gable weitere Filme, die auch zahlreiche Besucher in die Kinos lockten, doch kaum einer von Gables Filmen aus diesen Jahrzehnten genießt heute den Status eines Klassikers: Eine seiner bekanntesten Darbietungen in den Fünfzigern lieferte er in Mogambo (1953) an der Seite von Grace Kelly und Ava Gardner ab. 
Clark Gables allerletztes Erscheinen auf der Leinwand gilt für viele Filmkenner auch gleichzeitig als die beste Darbietung seines Lebens: John Hustons Nicht gesellschaftsfähig [The Misfits, 1961] war nicht nur Gables letzter Film, es war auch der letzte Film der Schauspiel-Legende Marilyn Monroe. Im Film spielt Gable einen Cowboy der alten Schule, der in der modernen Welt eigentlich gar nichts mehr verloren hat – zumindest behandelt man ihn in der Gesellschaft so. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte Clark Gable einen Kontrast dar zu den neuen Schauspieler-Typen, die den „Markt“ beherrschten: Das Method Acting genoss mit Vertretern wie Marlon Brando gerade seinen Höhepunkt. Jene Schauspieler, die in Hollywoods „goldener Zeit“ das Feld dominierten, traten immer seltener in Erscheinung – wenn man so will, war Clark Gable als Schauspieler selbst nicht mehr „gesellschaftsfähig“. 
Trotzdem genießt Clark Gable bis heute einen Ruf als „König von Hollywood“ – es steht außer Frage, dass Gable mit seinen Leinwandauftritten gewissermaßen die amerikanische Männlichkeit definierte und somit die Geschichte des amerikanischen Films entscheidend beeinflusste. 

Simon von Ludwig


Beitragsbild: Clark Gable 1959 mit seiner Frau Kay Williams Gable in den Niederlanden.
Bildnachweis: Fotograaf Behrens, Herbert / Anefo, Nationaal Archief, CC0

Maßgebliche Quelle: Der Artikel über Clark Gable in der Encyclopedia Britannica.


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