Er begann seine Karriere nicht als Schauspieler, sondern als Pianist in verschiedenen Pariser Etablissements: Ursprünglich stammte de Funès von spanischen Einwanderern ab, die sich in Paris niederließen.
Für das Schauspiel hatte Louis de Funès schon immer ein Faible: Als er von seiner Mutter für einige Zeit auf ein Internat geschickt wurde, machte der junge Franzose dort zum ersten Mal die Erfahrung, in einem Theaterstück zu spielen. Wegen seines Faibles zum Schauspiel war es beinahe eine Selbstverständlichkeit, dass sich Louis de Funès 1942 an der renommierten französischen Schauspielschule Cours Simon einschrieb: Der Cours Simon war eine der ersten Schauspielschulen in Frankreich und wurde 1925 vom Schauspiellehrer René Simon (1898–1971) gegründet.
Trotz seiner Zeit an der Schauspielschule strebte Louis de Funès zunächst eine Karriere als professioneller Klavierspieler an und gründete eine Familie: Unter anderem soll er mit dem späteren Musikverleger Eddie Barclay vierhändig gespielt haben. Trotzdem sollte sich seine Zeit am Cours Simon später als äußerst hilfreich erweisen… 

Von einem Durchbruch als Schauspieler war noch lange keine Rede.

Pianist

An einem Nachmittag in den Vierzigern traf de Funès an der Métro-Station Villiers den Schauspieler Daniel Gélin, der mit ihm gemeinsam die Schauspielschule besucht hatte.
Gélin machte seinem Freund ein besonderes Angebot: Gélins Schauspieltruppe wollte ein Theaterstück aufführen, suchte aber noch einen Pianisten für die Bühne – de Funès schien aufgrund seiner Erfahrung prädestiniert für diese Rolle.
So kam es, dass Louis de Funès zum ersten Mal als Klavierspieler auf der Bühne stand. Das Arrangement zwischen Gélin und de Funès bewährte sich: Immer, wenn Gélin von einem Rollenangebot wusste, vermittelte er es seinem Freund Funès. An einen Konkurrenzkampf zwischen Schauspielern war damals nicht zu denken – Schauspieler halfen sich untereinander aus und freuten sich, wenn der andere erfolgreich war und seine Familie ernähren konnte.
Von einem Durchbruch als Schauspieler war aber noch lange keine Rede – Louis de Funès ging es zunächst um die Schauspielkunst und darum, seine Familie zu ernähren. Der französische Schauspieler arbeitete zwei Jahrzehnte lang in der Welt des Theaters und des Films, ohne einen Durchbruch zu erzielen. 

Dem Theater verpflichtet

Mit dem Filmregisseur Jacques Becker verband Louis de Funès eine Leidenschaft: Der Jazz. Jacques Becker gab Louis de Funès eine kleine Rolle in der Komödie Zwei in Paris [Antoine et Antoinette, 1947]: Der Film wurde bei den Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet. Obwohl de Funès’ Rolle nicht einmal im Abspann erwähnt wurde, war es dennoch ein Einstieg in die Welt des Films: Zwar kannte noch niemand seinen Namen, aber sein Gesicht war zumindest einmal auf der Kinoleinwand aufgetaucht.
Für de Funès zählten nicht nur die Erfahrungen auf der Kinoleinwand: Neben seinen gelegentlichen kleinen Rollen in Filmen spielte der Komiker in verschiedenen Theaterstücken mit. Eine Gewohnheit, die er auch zu Zeiten seiner größten Kinoerfolge beibehalten sollte.
Alleine zwischen 1948 und 1952 wirkte de Funès in dreißig verschiedenen Filmen in kleinen Nebenrollen mit: Es war zunächst gar nicht sein Ziel, es zu einem gefragten Filmstar zu bringen. Sein Familienleben machte ihn glücklich und seine kleinen Nebenrollen in französischen Filmen ermöglichten es ihm, das Klavierspielen aufzugeben.

Theatererfolge 

Wie kam es, dass Louis de Funès zunächst gar kein bekannter Filmschauspieler werden wollte? In den Vierzigern und Fünfzigern fühlte sich der Komiker auf der Theaterbühne am wohlsten. 1949 erhielt Louis de Funès vom Theaterregisseur Raymond Rouleau die Möglichkeit, im Theaterstück Un tramway nommé désir, die französische Adaption des amerikanischen Klassikers Endstation Sehnsucht (A Streetcar Named Desire), mitzuwirken. De Funès spielte die Rolle des Pablo: Im Théâtre Edouard VII, wo das Theaterstück nach einer Adaption von Jean Cocteau aufgeführt wurde, war die Premiere ein großer Anlass. Der Premiere wohnte nicht nur „Le Tout-Paris“ (frz. Bezeichnung für die Pariser High Society) bei, sondern auch die Schauspieler Ingrid Bergman und Marlon Brando. Brando hatte gerade in der Broadway-Version des Stücks die Hauptrolle gespielt.
Die Kritiken zum Theaterstück waren durchweg positiv, dennoch schaffte es das Theaterstück nicht, zum Pariser Publikum vorzudringen: Da das Theaterstück hauptsächlich Aspekte der amerikanischen Kultur thematisierte, war das kein Wunder. Obwohl das Theaterstück kein Misserfolg war, könnte sein mäßiger Erfolg womöglich einer der Gründe gewesen sein, weshalb sich der Komiker weiterhin hauptsächlich auf die französische Theater- und Filmlandschaft konzentrierte. Außerdem wäre es für den frankophilen de Funès niemals eine ernsthafte Option gewesen, sein Heimatland zu verlassen. 

Der Schauspieler bekam zum ersten Mal die Möglichkeit, sein mimisches Talent auf der Kinoleinwand zur Schau zu stellen.

Durchbruch im Kino

Nach dem großen Erfolg des Theaterstücks La Puce à l’oreille (Georges Feydeau), das 1952 aufgeführt wurde, wurde Louis de Funès beinahe von jedermann auf der Straße erkannt: De Funès wurde als ein Phänomen des französischen Theaters gefeiert, endlich konnte der Komiker sein komödiantisches Potenzial auf der Bühne voll ausleben. De Funès’ Erfolge im französischen Theater erweckten die Aufmerksamkeit verschiedener bekannter Filmregisseure – so kam es, dass der Komiker 1956 eine Nebenrolle in der Komödie La traversée de Paris erhielt. Jean Gabin spielte eine der Hauptrollen in dem Film.
Der Film gilt heute als ein Klassiker des französischen Kinos und war der Durchbruch für Louis de Funès: Nach seiner Nebenrolle in diesem Film galt der Komiker als einer der hoffnungsvollsten Schauspieler des französischen Kinos. Der Schauspieler bekam zum ersten Mal die Möglichkeit, sein mimisches Talent, das er mit authentischer Schauspielkunst kombinierte, auf der Kinoleinwand zur Schau zu stellen. Bisher war er immer nur für ein paar Sekunden auf der Leinwand zu sehen gewesen. 

Ein „französischer Charlie Chaplin“

Mit 42 Jahren war Louis de Funès im Inbegriff, sich an die Spitze des französischen Kinos hochzuarbeiten: Ende der Fünfziger spielte de Funès in einigen Filmkomödien die Hauptrolle. Seine Tätigkeit für die französische Comedy-Szene blieb auch der internationalen Presse nicht verborgen: Die Londoner Times etwa sah in Louis de Funès einen „französischen Charlie Chaplin“. De Funès war in der Riege der französischen Kinostars angekommen: Nach beinahe zwei Jahrzehnten harter Arbeit bei Film und Theater, bei denen es hauptsächlich darum ging, seine Familie zu ernähren, war aus de Funès nun doch ein bekannter Schauspieler geworden. Würde er sich als Star der französischen Comedy-Szene behaupten können? Oder würde er schon bald zurückkehren an sein geliebtes Theater, auf die „Bretter, die die Welt bedeuten“? Schließlich hatte er am französischen Theater seine ersten Erfolge als Komiker gehabt… 

Simon von Ludwig

Teil zwei.


Beitragsbild: © Simon von Ludwig

Maßgebliche Quelle: Chaline, Thomas: Louis de Funès – Ombres & Lumières, 2023 City Editions


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