Kaum ein Golfspieler prägte den Golfsport des 20. Jahrhunderts so nachhaltig wie Samuel Jackson „Sam“ Snead. Mit seinem unverwechselbaren, fließenden Schwung, der den Spitznamen „Slammin’ Sam“ inspirierte und einer Rekordzahl von 82 PGA-Tour-Siegen setzte er Maßstäbe, die bis heute Bestand haben. Doch wer war dieser Mann, der mit Strohhut und einem schelmischen Lächeln die Fairways eroberte?
Sam Snead wurde am 27. Mai 1912 in Ashwood, Virginia, als jüngstes von sechs Kindern geboren. Seine Familie lebte in einfachen Verhältnissen, und sein Vater verdiente als Allround-Handwerker im örtlichen Hotel „The Homestead“ den Lebensunterhalt. Schon früh zeigte sich, dass Sam ein Naturtalent für Sport hatte – doch es war der Golfsport, der sein Leben verändern sollte.
Tomatendosen als Löcher
Wie viele große Golfspieler seiner Zeit fand Snead seinen Einstieg in den Sport als Caddy. Bereits im Alter von sieben Jahren trug er Golftaschen im luxuriösen „The Homestead“-Resort, wo sein Vater arbeitete. Dort beobachtete er die Bewegungen der Spieler genau: „Ich hab mir alles abgeschaut, was die Herren auf dem Platz machten“, sagte Snead später. Mit seinem älteren Bruder Homer übte er im Garten der Familie, wo Tomatendosen als Löcher und Äste als Schläger dienten. Diese improvisierten Anfänge legten den Grundstein für einen der elegantesten Golfschwünge der Geschichte.
Die Arbeit als Caddy war mehr als ein Job – sie war eine Schule. Snead lernte nicht nur die Technik, sondern auch die Feinheiten des Spiels: die Wahl des richtigen Schlägers, das Lesen des Grüns, die mentale Stärke. „Ohne die Zeit als Caddy hätte ich nie gemerkt, wie sehr ich Golf liebe“, erinnerte er sich. Diese Erfahrung prägte seinen Werdegang und unterschied ihn von den „reichen Kindern“, die, wie er meinte, nie den Hunger nach Erfolg kennenlernen würden.
1937 feierte er seinen ersten Sieg beim Oakland Open – barfuß.
Die „Great Depression“ und erste Erfolge
Sneads Karriere begann in einer Zeit wirtschaftlicher Not. Die „Great Depression“ der späten 1920er und frühen 1930er Jahre traf auch den Golfsport hart. Viele Clubs kämpften ums Überleben und Turniere hatten oft nur magere Preisgelder. Dennoch nutzte der junge Snead jede Gelegenheit, um sich zu beweisen. 1933 durfte er sich „Profi“ nennen und 1937 feierte er seinen ersten Sieg beim Oakland Open – barfuß, wie er später schmunzelnd erzählte, weil er so einen besseren Stand hatte.
Die frühen Jahre waren jedoch kein Spaziergang. Snead musste oft weite Strecken zu Turnieren fahren, manchmal mit kaum genug Geld für Benzin. Anderen späteren Golflegenden wie Ben Hogan erging es damals ähnlich. Sein Durchbruch kam 1938, als er sechs Turniere gewann, darunter die Bing Crosby Pro-Am und die Canadian Open. Sein Schwung, beschrieben als „so natürlich wie ein Sonnenaufgang“, faszinierte Zuschauer und Gegner gleichermaßen. Doch Snead war nicht nur ein Techniker – seine lockere Art und sein Humor machten ihn zum Publikumsliebling.
Herausforderungen und Rückschläge
Trotz seines Talents war Sneads Weg nicht frei von Hindernissen. Während des Zweiten Weltkriegs diente er zwei Jahre bei der Navy – das bedeutete eine Unterbrechung seiner Karriere. Nach Kriegsende kehrte er stärker zurück: 1946 gewann er die Open Championship, 1949 das Masters und die PGA Championship. 1950 dominierte er die Tour mit elf Siegen und einem Rekord-Scoring-Durchschnitt von 69,23 – eine Marke, die 50 Jahre Bestand hatte. Dennoch ärgerte ihn, dass ihm der Titel „Golfer des Jahres“ zugunsten von Ben Hogan verweigert wurde, der nach einem schweren Autounfall ein beeindruckendes Comeback feierte.
Sneads größte Enttäuschung war die US Open, das einzige Major, das er nie gewann – wenn auch nur knapp: Viermal wurde er Zweiter, oft nur knapp und durch geringfügige Fehler. 1949 etwa verschoss er auf den letzten Löchern die Führung, weil er „zu nervös war, um ruhig zu bleiben“. Diese Niederlagen nagten an ihm, doch Snead blieb pragmatisch: „Man kann nicht alles gewinnen, aber man kann alles versuchen.“, so seine Worte.
„Es geht nicht darum, wie es aussieht, sondern wie viele Schläge man braucht“.
Sam Snead
Der legendäre Schwung
Was Snead unsterblich machte, war sein Schwung. „Lang, elegant und scheinbar mühelos“, wie Zeitgenossen ihn beschrieben, kombinierte er perfektes Timing mit einem Rhythmus, der Abschläge von über 250 Metern ermöglichte – in einer Ära, in der 200 Meter als weit galten. In seinem Buch How to Play Golf (1946) verriet er sein Geheimnis: „Gehe es leicht und locker an.“ Snead hatte nie formellen Unterricht, sondern verfeinerte seinen Schwung durch das Beobachten anderer Golfspieler und endloses Üben.
Mit zunehmendem Alter kämpfte Snead mit dem Putten, was ihn zu unkonventionellen Lösungen trieb. Sein „Krocket-Stil“, bei dem er den Ball zwischen den Beinen spielte, war ebenso skurril wie effektiv – bis die Regelbehörden ihn verboten. Unbeirrt entwickelte er einen neuen, seitlichen Putt-Stil. „Es geht nicht darum, wie es aussieht, sondern wie viele Schläge man braucht“, sagte er dazu trocken.
Ein schwerer Unfall und ein starkes Comeback
1949 ereilte Snead ein Schicksalsschlag, der seine Karriere hätte beenden können: Bei einem Autounfall zog er sich schwere Verletzungen zu, darunter einen gebrochenen Arm und Prellungen. Die Ärzte waren skeptisch, ob er je wieder auf höchstem Niveau spielen könnte. Doch Sneads Wille war ungebrochen. Mit einem intensiven Rehabilitationsprogramm und eiserner Disziplin kämpfte er sich zurück. Nur ein Jahr später stand er wieder auf dem Platz und gewann die Los Angeles Open, wo er im Playoff gegen Ben Hogan unterlag, aber seine Rückkehr eindrucksvoll unter Beweis stellte.
Seine Karriere erreichte 1954 einen weiteren Höhepunkt, als er das Masters in einem Playoff gegen Hogan gewann. Insgesamt sicherte er sich sieben Majors, darunter drei Masters, drei PGA Championships und eine Open Championship. Sein Rekord von acht Siegen beim Greater Greensboro Open bleibt bis heute unerreicht.
Vermächtnis
Sam Snead, der „Long Ball Hitter aus West Virginia“, hinterließ ein Vermächtnis, das weit über seine 82 PGA-Tour-Siege hinausgeht. Sein Schwung inspirierte Generationen von Spielern und die Dauer seiner sportlichen Betätigung – er gewann 1965 im Alter von 52 Jahren noch die Greater Greensboro Open – ist legendär. Snead war nicht nur ein Athlet, sondern auch ein Lehrer: Seine Bücher, wie The Education of a Golfer (1962), sind zugleich Autobiographie und Lehrwerk – bis heute sind seine Werke Pflichtlektüre für Golfbegeisterte.
Nach seiner aktiven Karriere blieb Snead dem Sport treu, spielte Ehrenabschläge beim Masters und teilte sein Wissen mit jüngeren Spielern. Als er 2002 kurz vor seinem 90. Geburtstag in Hot Springs, Virginia, starb, trauerte die Golfwelt um einen Mann, dessen Humor, Bescheidenheit und unvergleichlicher Schwung den Sport für immer prägten.

Maßgebliche Quellen: Snead, Sam & Stump, Al: The Education of a Golfer, 1962, Simon & Schuster und Golf Digest Archives
Beitragsbild: Sam Snead im Juli 1934 bei der New South Wales golf championship, © State Library of NSW, entnommen aus Wikimedia Commons