„Ich lass mir nämlich überhaupt nichts sagen. Wenn ich mir etwas hätte sagen lassen, dann wären wir heute nicht da. Dann wäre ich nämlich in der Pensionsversicherungsanstalt oder der Kreditanstalt oder sonst wo.“, antwortete Falco einmal einem Journalisten, der ihn fragte, wie viel er sich denn sagen lasse.
Diese Einstellung war vermutlich der Grund dafür, weshalb es der in Wien geborene Hans Hölzel zu großem Ruhm bringen sollte. Bevor sich große Erfolge einstellten, musste er sich Zweifeln stellen, die nicht nur seine Musik, sondern seine ganze Person und sein Auftreten betrafen. Eines stand für den jungen Falco von vornherein fest: Mit einem gewöhnlichen Leben und einem „gewöhnlichen Beruf“ würde er sich nicht zufrieden geben wollen. Erfolgreiche Musik zu erschaffen war seine Leidenschaft, der er um jeden Preis nachgehen wollte: Die Musik alleine genügte Hölzel nicht, sie musste erfolgreich sein und den Puls der Zeit treffen.
Bevor Falco seine ersten Schritte in der Musikindustrie ging, machte er sich Gedanken über seinen Künstlernamen: Ihm war bewusst, dass er sich unter seinem bürgerlichen Namen Hans Hölzel keinen internationalen Ruf erarbeiten könnte… 

Falco beschloss: Seine Musik sollte eine Botschaft in die Welt tragen. 

FALCO?

Der Legende nach soll Hans Hölzel am Neujahrstag 1977 vor dem Fernseher gesessen haben und sich das Skispringen angesehen haben – dabei habe ihm der deutsche Springer Falko Weißpflog besonders imponiert. Der Name Falko soll ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen sein – also beschloss er, den Namen etwas abzuwandeln und machte daraus FALCO. Einige Zeit verwendete der junge Musiker zusätzlich zu Falco noch einen Nachnamen, doch dieser entfiel schon bald. Der Name Falco war geboren – damit war zumindest die Grundlage für eine internationale Musikkarriere gelegt.
Am Anfang seiner Musikkarriere Ende der Siebziger machte Falco keine eigene Musik, sondern spielte in der Wiener Szene in verschiedenen Etablissements. Bei Falco entwickelte sich in dieser Zeit eine Aversion gegen die gänzlich kommerziell ausgerichtete Disco-Musik, die er zu dieser Zeit hauptsächlich interpretierte: Erfolgreiche Musik zu machen bedeutete für ihn nicht nur, damit ein Vermögen zu verdienen. Sein Ziel war es, Menschen zu erreichen und zu bewegen – Falco beschloss: Seine Musik sollte eine Botschaft in die Welt tragen. 

Ganz Wien

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es keinem deutschsprachigen Künstler mehr gelungen, sich an die internationale Spitze vorzuarbeiten: Es wird gerne gesagt, Marlene Dietrich sei der einzige deutschsprachige Weltstar des 20. Jahrhunderts gewesen.
Doch das stimmt nicht ganz: Mit dem Sänger Falco erarbeitete sich ein zweiter deutschsprachiger Künstler Ende des 20. Jahrhunderts das, was gemeinhin als „Weltruhm“ bezeichnet wird.
Selbst als sich große Erfolge einstellten, blieb sein Elternhaus kritisch dem Beruf des Sohnes gegenüber – würde das alles überhaupt anhalten, fragten sie sich. Dass der Ruhm ein wackliges Gerüst war, dessen war sich Falco auch bewusst. Trotz der Zweifel vertrat sein Vater die Überzeugung: „Bankkonten lügen nicht.“ Doch Falco selbst bekundete später: „(…) Und deshalb habe ich Geld, das Stück Papier, einfach zu dem degradiert, was es ist: Ein Stück Papier.“
Anfang der Achtziger wurde Falco bei einem Konzert mit der Band Drahdiwaberl vom Wiener Plattenunternehmer Markus Spiegel entdeckt. Spiegel und Falco waren sich bei Plattenaufnahmen der Band Drahdiwaberl begegnet: Der Unternehmer erkannte sofort das Potenzial, das in dem jungen Musiker steckte. Insbesondere Falcos Lied Ganz Wien beeindruckte den Musikunternehmer – das Lied behandelte die damals aufkommenden Drogenszene im Wien der späten Siebziger und frühen Achtziger. Ganz Wien war Falcos Eingangstür zu einer Solokarriere: Jener Hit war der Grund, weshalb Falco als Solokünstler unter Vertrag genommen wurde. 

Erste große Erfolge

Für den Hit Der Kommissar verfasste Falco 1981 einen seiner einprägsamsten Liedtexte überhaupt: Mit diesem Hit erklomm Falco Anfang der Achtziger die Spitze der Charts. Das Besondere an jenem Hit war, dass er mit dem Text ein internationales Publikum ansprach: Der Text war eine Mischung aus Wiener Slang, Hochdeutsch und alltäglichem Englisch – damit sprach er nicht nur das Wiener Publikum, die Szene, aus der er ursprünglich stammte, an, sondern konnte sich auch auf der internationalen Bühne behaupten.
Das machte sich durchaus bemerkbar: Der Kommissar stand Anfang der Achtziger auf Platz Eins der Charts in Deutschland und Österreich. Damit war der Name Falco nahezu jedem Musikbegeisterten im deutschsprachigen Raum vom einen Tag auf den anderen ein Begriff. In den Vereinigten Staaten erreichte Der Kommissar ebenfalls eine Chart-Platzierung – für die Solo-Single eines deutschsprachigen Künstlers war das außergewöhnlich.„Die landläufige Behauptung, auf den Text hätte man gar nicht sonderlich geachtet, ist Unsinn. Besonders deutsche Texte, die jedermann verstehen kann, müssen stimmen. Ich würde es nicht über die Lippen bringen, Kitsch zu singen.“, sagte Falco einmal, als er auf die Bedeutung seiner Texte angesprochen wurde. Für Falco zählte also nicht allein der wirtschaftliche Erfolg.
Für ihn zählte auch die Bedeutung seiner Texte: Ohne Frage besaß Falco eine große dichterische Begabung, die sogar Sprachwissenschaftler faszinierte.

Seine folgenden Alben würden entscheiden, ob er in der Musikwelt eine „Eintagsfliege“ bleiben würde oder sich langfristig als Popmusiker etablieren könnte… 

Imagewandel

Der große Erfolg seiner ersten Schallplatte setzte Falco unter den enormen Druck, weiterhin Musik zu schreiben, die große Erfolge erzielen würde: Mit seinem zweiten Studioalbum Junge Roemer (1984) erreichte er zwar lange nicht die Erfolge seines ersten Albums Einzelhaft (1982), doch sein zweites Album stand nicht nur für eine musikalische Weiterentwicklung, sondern ebenfalls für eine grundlegende Veränderung seines äußerlichen Erscheinungsbildes: Bisher präsentierte sich Falco – getreu dem Zeitgeist – in Lederjacken und Turnschuhen. Doch von nun an war es ein entscheidender Bestandteil von Falcos Image, perfekt sitzende Designeranzüge und maßgeschneiderte Schuhe zu tragen. Falco, der von vielen als Außenseiter angesehen wurde, trug nun die Kleidung des „Establishments“ – selbst vor einem Besuch beim Wiener Opernball in seiner neuen Aufmachung schreckte Falco nicht zurück. Der Sänger selbst begriff sich immer als eine Parodie auf das Establishment: Man sagte Falco eine provokante Ader, Arroganz und Unnahbarkeit nach – das alles waren Stilmittel, die von seinen Fans bis heute sehr geschätzt werden. Das klassische Falco-Image war Mitte der Achtziger geboren.
Sein neues Image war ein Volltreffer: Zwar war er immer noch etwas angeschlagen davon, dass sein zweites Studioalbum die Erfolge des ersten nicht erreicht hatte. Doch nach einer Erholungsphase sah sich Falco wieder dazu in der Lage, weitere Musik zu schreiben. Er wusste: Seine folgenden Alben würden entscheiden, ob er in der Musikwelt eine „Eintagsfliege“ bleiben würde oder sich langfristig als Popmusiker etablieren könnte… 

Falco III

Gerade, als man Falco in den Achtzigern prophezeit hatte, schon bald wieder ein Unbekannter zu sein, brachte er einen Hit nach dem anderen heraus: Seine Erfolgssträhne begann mit Rock Me Amadeus, eine moderne Aufbereitung des Mozart-Mythos, die zu einem günstigen Zeitpunkt auf den Markt kam. Es waren gerade verschiedene Biographien über Mozart erschienen, die das über Jahrhunderte gefestigte Bild des Komponisten vollkommen infrage stellten und neu definierten. Mozart galt jetzt als Frauenheld und Außenseiter – Falco machte sich das mit seinem Song Rock Me Amadeus erfolgreich zunutze. Das Album Falco III (1985) trug nicht nur den Namen „III“, weil es sein drittes Studioalbum war: Oftmals werden Alben nach einem einzelnen Hit benannt, der sich auf dem Album befindet. Doch die Anzahl der Hits auf Falcos drittem Album war so überwältigend, dass es sich erübrigte, das Album nach einem dieser Hits zu benennen. 

„Kleiner Mozart“

Mit Jeanny, Vienna Calling und Tango the Night brannte sich Falco für immer in das Gedächtnis unzähliger Musikhörer ein: Auch in den Vereinigten Staaten war sein drittes Studioalbum ein großer Hit, die Kritiker hassten entweder Falcos Musik oder sie liebten den den Sänger aus Österreich – beides bedeutete für ihn eine Plattform, auf der er seine Musik präsentieren konnte. Falco ging in den Vereinigten Staaten 1985 nicht einmal auf eine Tournee, um sein Album zu bewerben – trotzdem war Rock Me Amadeus mehrere Wochen lang Spitzenreiter zahlreicher amerikanischer Charts.
Falco hatte erreicht, was er sich schon als Kind zum Ziel gesetzt hatte: Er wollte ein Star sein. Auch viele Jahre nach seinem Tod ist Falcos Musik nicht vergessen: Der kleine Junge „Hansi“, den seine Musiklehrer einst „kleinen Mozart“ getauft hatte, war zu einem der wenigen deutschsprachigen Weltstars des 20. Jahrhunderts aufgestiegen.

Simon von Ludwig


Beitragsbild: © Simon von Ludwig

Maßgebliche Quellen: Lanz, Peter: Falco – Die Biografie, 2013 Ueberreuter und die Biografie auf falco.at.


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