Er wurde einem breiten Publikum durch seine Rolle in Lawrence von Arabien (1962) bekannt: Peter O’Toole war einer der berühmtesten Schauspieler seiner Generation. Der irische Schauspieler wurde traditionell ausgebildet: Im Alter von zwanzig Jahren begann O’Toole, an der Royal Academy of Dramatic Arts zu studieren, sein erstes Engagement als Schauspieler absolvierte er am Old Vic Theatre in Bristol.
An der Royal Academy wurde Peter O’Toole zu einem klassischen Shakespeare-Darsteller ausgebildet: Er brillierte unter anderem in der Rolle des Hamlet und des Petruchio in Der Widerspenstigen Zähmung. Peter O’Toole wurde zunächst dem englischen Theaterpublikum als Shakespeare-Schauspieler bekannt. Beim Kinopublikum konnte in den Fünfzigern mit dem Namen Peter O’Toole noch niemand etwas anfangen.

Lawrence von Arabien 

Eigentlich lag es nicht in Peter O’Tooles Interesse, eines Tages ein Filmstar zu werden: Vielmehr nahm er sich vor, seine Theater-Schauspielkunst zu verfeinern. Während seiner Zeit bei der Royal Academy trat O’Toole in mehreren Fernsehsendungen auf und arbeitete als Stuntman.
Der britische Offizier T.E. Lawrence wollte Zeit seines Lebens nichts mit der Filmindustrie zu tun haben: Bereits in den Dreißigern bereitete der britische Produzent Alexander Korda einen Film über T.E. Lawrence vor, der jedoch nicht realisiert wurde. Spätestens nach seinem Tod 1935 avancierte Lawrence zu der historischen Figur „Lawrence von Arabien“ und wurde zu einer Nationalfigur des Vereinigten Königreichs. Das Schicksal des Mannes, der eine entscheidende Rolle beim Aufstand der Araber gegen das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg gespielt hatte, faszinierte viele Menschen. Seine Memoiren Die sieben Säulen der Weisheit [The Seven Pillars of Wisdom] sind heute ein Klassiker der Weltliteratur. 

Marlon Brando als Lawrence?

Es war kein Zufall, dass Peter O’Toole die Hauptrolle in Lawrence von Arabien erhielt: Der Regisseur David Lean hatte 1957 mit Die Brücke am Kwai einen großen Erfolg eingefahren.
Gemeinsam mit seinem Produzenten Sam Spiegel galt David Lean Anfang der Sechziger als ein Garant für Erfolg: Im Februar 1960 kauften die beiden die Rechte an der Verfilmung von T.E. Lawrences Memoiren Die sieben Säulen der Weisheit.
Sam Spiegel hatte ursprünglich Marlon Brando für die Rolle des Lawrence von Arabien auserkoren – doch aus Angst, Brandos Leinwandpräsenz würde die Aufmerksamkeit von der historischen Figur Lawrence ablenken, verwarfen die Produzenten diese Idee. 

Die Durchschlagskraft eines international anerkannten Leinwandstars hätte zu wenig Spielraum gelassen, um die Figur des Lawrence zu skizzieren.

Zwischen Theaterbühne und Kinoleinwand

Die Rolle des Lawrence von Arabien sollte an den Briten Albert Finney gehen, entschieden die Produzenten: Ein Star in der Rolle des Lawrence erschien den Produzenten als unangebracht, da die historische Figur sehr rätselhaft war. Die Durchschlagskraft eines international anerkannten Leinwandstars hätte zu wenig Spielraum gelassen, um die Figur des Lawrence zu skizzieren, der sogar sich selbst ein Rätsel gewesen sein soll. Als Albert Finney erfuhr, dass er sich im Rahmen seines Vertrags für mehrere Filme an den Produzenten Sam Spiegel binden musste, sagte er ab.
Somit standen die Produzenten ohne einen Hauptdarsteller da: Als Peter O’Toole von den Produzenten das Angebot erhielt, die Rolle des Lawrence von Arabien zu spielen, war er noch am Theater zuhause. Als er die Rolle des Lawrence schließlich akzeptierte, war er vertraglich an die Royal Shakespeare Company (RSC) gebunden, die 1960 ihre erste Spielzeit abhalten würde. 

O’Tooles Entscheidung, Lawrence von Arabien zu spielen, wurde von den Initiatoren der Royal Shakespeare Company alles andere als positiv aufgenommen: Sie waren von O’Toole abhängig und bestanden darauf, dass er bei der ersten Spielzeit dabei sein würde. Doch die RSC zog den Kürzeren: Die RSC musste hinnehmen, dass O’Toole die Rolle des Lawrence übernahm und sein Engagement für die RSC zurückzog. Bis heute hört man die Ansicht, dass die Entwicklung der RSC einen anderen Lauf genommen hätte, wenn O’Toole als Zugpferd bei der ersten Spielzeit wie geplant dabei gewesen wäre. 

Der Film Lawrence von Arabien war der Auslöser dafür, dass Peter O’Toole Zeit seines Lebens als Charakterdarsteller anerkannt wurde.

Aufwändige Dreharbeiten

Der Dreh von Lawrence von Arabien avancierte zu einem großen Abenteuer für alle Beteiligten: Unter der Regie von David Lean begannen im Mai 1961 die Dreharbeiten in einer jordanischen Wüste. Die Dreharbeiten dauerten bis in den September 1962 und umfassten insgesamt 313 Drehtage – damals war das rekordverdächtig. In physischer und psychischer Hinsicht waren die Dreharbeiten eine große Herausforderung für Peter O’Toole. Der Film Lawrence von Arabien war der Auslöser dafür, dass Peter O’Toole Zeit seines Lebens als Charakterdarsteller anerkannt wurde.
Infolge seines Erfolgs als Lawrence wurde auch Hollywood auf O’Toole aufmerksam: In der Komödie Wie klaut man eine Million? [How to Steal a Million, 1966] spielte er an der Seite von Audrey Hepburn

Rollen nach Lawrence von Arabien

Auch im James Bond-Franchise verewigte sich Peter O’Toole: In der starbesetzten James Bond-Parodie Casino Royale (1967) hatte O’Toole einen Cameo-Auftritt als Dudelsackbläser.
Peter O’Toole blieb auch nach seinen Abstechern nach Amerika dem britischen Film treu: Im Historienfilm Der Löwe im Winter [The Lion in Winter, 1968] spielte O’Toole an der Seite von Katharine Hepburn und Timothy Dalton die Rolle von König Henry II.
Im Laufe der Siebziger und Achtziger drehte Peter O’Toole knapp zwanzig Filme. Mit 72 Jahren wurde O’Toole 2004 eine besondere Ehre zuteil: In Troja [Troy] einem der aufwändigsten Filme aller Zeiten, spielte er die Rolle des Priam, Vater von Paris. 

Vermächtnis

Ohne die Darstellung des Lawrence von Arabien wäre die Leinwandkarriere von Peter O’Toole undenkbar gewesen: Während seiner gesamten Karriere wurde O’Toole stets mit der Historienfigur assoziiert und der Film bildete die Grundlage für seinen späteren Erfolg. Nach Lawrence von Arabien spielte O’Toole häufig in leichtgewichtigen Filmen mit, die das Publikum eher amüsierten als nachdenklich stimmten.
Sein Handwerkszeug, das er sich in jungen Jahren als Shakespeare-Darsteller aneignete, befähigte ihn sowohl zum Theater- als auch zum Kinodarsteller. Bis heute bleibt Peter O’Toole ein bedeutender Charakterdarsteller des 20. Jahrhunderts, der sich durch die Inkarnation des Lawrence von Arabien unsterblich gemacht hat. 

Simon von Ludwig

Film & Fernsehen bei Der Bussard

Maßgebliche Quelle: Sellers, Robert: „Peter O’Toole: The Definitive Biography“, 2016 Pan Books

Beitragsbild: © Simon von Ludwig

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