Teil eins von zwei

Am 17. Mai 1904 wurde Jean Gabin in Paris geboren. Er war der jüngste Sohn und wuchs mit der Kunst auf. Sein Vater war der Besitzer eines Revuecafés und Operettenkomödiant – es war also eine Welt der Kunst, in die Gabin hineingeboren wurde.
Marlene Dietrich, geboren am 27. Dezember 1901 in Schöneberg (heute ein Stadtteil von Berlin), wuchs ganz anders auf: Als Tochter einer preußischen Familie lernte sie, dass ein Leben als Künstlerin nicht standesgemäß sei. Dennoch wurde sie von ihrer Mutter in ihrem Vorhaben, Schauspielerin zu werden, unterstützt. Ihr Vater starb, als Marlene noch ein junges Mädchen war.

Zwei Mythen

Wie kam es, dass sich Marlene Dietrich und Jean Gabin, so ganz verschiedene Menschen, ineinander verliebten? 1930, nach dem großen Filmerfolg „Der blaue Engel“ mit Regisseur Josef von Sternberg, verließ Marlene Deutschland, um eine Karriere als Hollywoodschauspielerin zu verfolgen. Als 1933 die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, kehrte sie nicht nach Deutschland zurück und kündigte an, keine Filme mehr in Deutschland machen zu wollen, trotz zahlreicher Filmangebote von Joseph Goebbels persönlich.
Jean Gabin war zu dieser Zeit ein erfolgreicher französischer Schauspieler – schon in den Dreißigern war aus ihm ein Leinwandmythos geworden. Ähnlich erging es Marlene Dietrich in Amerika. In seinen Filmen repräsentierte Gabin den ausgebeuteten Arbeiter, Marlene Dietrich hingegen verkörperte häufig die «femme fatale».

Liebe auf den zweiten Blick

Im Sommer 1938, ein Jahr vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, kam es zum entscheidenden Ereignis: Marlene und Jean lernten sich in Paris kennen. Es ist wohl übertrieben, von „Liebe auf den ersten Blick“ zwischen beidenzu sprechen – ohne Zweifel lässt sich aber sagen, dass sie sich schon 1938 gut verstanden.
Nach dem ersten Treffen mit Jean verbrachte Marlene die Ferien in Antibes. Es waren für Marlene und ihre Entourage die letzten Ferien, die vom nahenden Zweiten Weltkrieg weitgehend unberührt blieben.

Obwohl 1939 der Zweite Weltkrieg begann, änderte sich zwischen Dietrich und Gabin zunächst nichts – bis 1941 deutsche Truppen Frankreich besetzten: Da Gabin sich der Kollaboration mit den deutschen Besatzern widersetzte, war er gezwungen, nach Hollywood auszuwandern. Dort traf er auf andere emigrierte französische Künstler wie Charles Boyer oder Jean-Pierre Aumont. Auch Marlene fand er hier wieder und diesmal scheint es so, als wäre es Liebe auf den ersten Blick – wenn auch erst im zweiten Anlauf.

Gemeinsame Sache mit dem Vichy-Regime?

In Hollywood half Marlene Jean beim Erlernen der englischen Sprache. Das FBI vermutete, dass hinter den Sprechübungen ein Geheimcode steckte und die beiden in Wirklichkeit gemeinsame Sache mit dem Vichy-Regime machten. Nach zwei Filmen in Hollywood wurde Gabin klar, dass er sich nicht an den American Way of Life anpassen konnte: Er beschloss, sich als Marinesoldat bei den Freien Französischen Seestreitkräften («Forces Navales Françaises Libres») zu melden.
Im Januar 1944 war es Zeit, Abschied zu nehmen: Marlene begleitete Gabin nach Norfolk (USA, 300 km südlich von Washington), wo sich Gabin zum Dienst auf dem Tanker „Elorn“ meldete. Marlene wusste nicht, ob sie ihren Geliebten jemals wiedersehen würde. Als Abschiedsgeschenk gab Gabin Marlene eine Goldkette von Cartier. Auf der Kette war eingraviert: „Brut à Ange“ (zu deutsch: Flegel an Engel).
Damals waren deutsche U-Boote bekannt dafür, solche Tanker bevorzugt anzugreifen und zu versenken…

Simon von Ludwig | Mehr über Marlene Dietrich bei Der Bussard

Teil zwei


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