Al Rinker (1907 – 1982), ein bekannter US-amerikanischer Jazzsänger und Songwriter, spielte eine entscheidende Rolle in Bing Crosbys Karriere: Während seiner Collegezeit war Rinker der Duo-Partner von Bing Crosby. Rinkers Schwester Mildred Bailey, eine berühmte Jazzsängerin, stellte das Duo Crosby-Rinker dem Bandleader Paul Whiteman vor: Whiteman war damals einer der einflussreichsten Bandleader und engagierte Crosby und Rinker als Rhythm Boys in seiner Band.
Grund für sein Engagement war seine einzigartige, leichte Bassbariton-Stimme: Crosby avancierte zum Star der Rhythm Boys und nahm Hits wie Ol’ Man River (1928) auf.
Paul Whiteman
Mit dem Paul Whiteman-Film Der Jazzkönig (1930) feierte Bing Crosby sein Filmdebüt: Dass er neben seiner Karriere als Sänger außerdem eine vielversprechende Schauspielkarriere vor sich hatte, ahnte noch keiner.
Zunächst studierte Bing Crosby Jura in Spokane im US-Bundesstaat Washington: Als er feststellte, dass seine Arbeit als Sänger lukrativer war als die Arbeit von befreundeten Anwälten, entschloss er sich, ganz seiner Leidenschaft nachzugehen: Der Schauspielerei und dem Gesang.
Damals war es noch unüblich, seinen Lebensunterhalt vollständig mit einem Engagement als Sänger zu bestreiten: Dank des Erfolgs der Paul Whiteman-Band waren die Rhythm Boys die ersten Bandsänger, die von ihrer Arbeit leben konnten. Das Image von der Jazzmusik als „brotlose Kunst“ war somit gebrochen.
Anfänge als Schauspieler und Sänger
Bing Crosbys Gesangsstil orientierte sich unter anderem an dem von Louis Armstrong – Crosby verstand es, zeitgenössische Stilelemente in seinen Gesang aufzunehmen und schaffte so einen Wiedererkennungswert.
Es dauerte nicht lange, bis die Filmindustrie von Hollywood auf den jungen Sänger aufmerksam wurde: Im Film The Big Broadcast (1932) spielte Bing Crosby seine erste Hauptrolle.
1940 begann die Comedy-Serie „Road“, bei der er an der Seite von Bob Hope und Dorothy Lamour spielte: Die „Road“-Serie zwischen 1940 und 1962 umfasste insgesamt sieben Filme, die sich stets um die Reise in eine berühmte Stadt oder auf eine berühmte Insel drehen.
Im Musikfilm Birth of the Blues (1941) spielte Crosby die Hauptrolle: Der Film dreht sich um die Geschichte des Blues. Louis Armstrong, George Gershwin und Paul Whiteman spielten im Film sich selbst – Crosby spielt den Jazz-Enthusiasten Jeff Lambert, der bereits in früher Jugend von der Jazzmusik begeistert ist.
Zwischen 1932 und 1935 nahm Crosby zahlreiche Jazzstandards auf, unter anderem den St. Louis Blues oder Sweet Georgia Brown.
Im FIlm Musik, Musik (1942) sang Bing Crosby an der Seite von Fred Astaire zum ersten Mal Irving Berlins White Christmas: Der Film erhielt dafür einen Oscar für den Besten Song. White Christmas wurde später zu einem der am meisten verkauften Hits überhaupt. Bis heute wird der Titel White Christmas in einem Atemzug mit dem Sänger Bing Crosby genannt.
Neue Standards der Aufnahmetechnik
Im Laufe der Vierziger Jahre avancierte Bing Crosby zu einem der bekanntesten US-amerikanischen Sänger: Ähnlich wie Marlene Dietrich reiste Crosby während des Zweiten Weltkriegs an die Kriegsfront und unterhielt die amerikanischen Truppen.
Während seiner Zeit an der Kriegsfront in Deutschland machte Bing Crosby eine Entdeckung: Nach der Besetzung eines Aufnahmestudios gab man Crosby und seiner Entourage den Tipp, sie sollen doch einen Blick auf die Aufnahmetechnik vor Ort werfen. Wie sich herausstellte, war die gefundene Aufnahmeausrüstung dem amerikanischen Standard weit überlegen. Crosby und seine Entourage transportierten die Ausrüstung in die Vereinigten Staaten und installierten es in verschiedenen Aufnahmestudios und revolutionierten so den Standard für Tonaufnahmen in den USA. Hört man Aufnahmen von Crosby vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, lässt sich tatsächlich ein Unterschied in der Aufnahmequalität ausmachen.
Grace Kelly
Billy Wilder drehte 1948 das Filmmusical Ich küsse Ihre Hand, Madame (1948): Im Film singt Crosby das Lied I Kiss Your Hand, Madame, eine englische Übersetzung des gleichnamigen Richard Tauber-Hits.
1954 und 1956 spielte Bing Crosby gleich in zwei Filmen an der Seite von Grace Kelly: In Ein Mädchen vom Lande (1956) spielte Crosby den Theaterschauspieler Frank Elgin, der vom bekannten Broadway-Regisseur Bernie Dodd (William Holden) nach einem Karriereknick zurück an den Broadway geholt wird. Für den Film erhielt Grace Kelly ihren einzigen Oscar: An der Seite von Bing Crosby konnte Grace Kelly das volle Potenzial ihrer Charakterrolle, die Rolle der Ehefrau Georgie Elgin, entfalten.
Das Musical Die oberen Zehntausend (1956) versammelte das Who’s who der damaligen US-amerikanischen Musikindustrie: Im Film spielte Bing Crosby die Hauptrolle, außerdem spielte Frank Sinatra mit und Louis Armstrong mit seiner Band. Grace Kelly spielt die Rolle der Tracy Lord. Gemeinsam mit Bing Crosby nahm Grace Kelly ihre einzige Schallplattenaufnahme auf: Das Duo True Love von Bing Crosby und Grace Kelly ist bis heute eines der einprägsamsten Musicalduos der Fünfziger.
Bing Crosby spielte im Laufe seiner Schauspielkarriere nicht nur in Musicals: 1966 erhielt Crosby eine Rolle im Western San Fernando, ein Remake des John Ford-Westerns Stagecoach von 1939.
Karriere & Vermächtnis
Im Laufe seiner Gesangkarriere trug Bing Crosby dazu bei, den Jazz einem breiten Publikum bekannt zu machen: Sein Interpretationsstil wich vom Stil der gängigen Jazzinterpreten ab. Außerdem war er einer der ersten Sänger, die eine Art Intimität in ihren Gesang einbauten: Anstatt laut zu trällern, nutzte Crosby die Eigenschaften des Mikrofons (damals eine noch relativ neue Erfindung), um auf Schallplattenaufnahmen eine intime Atmosphäre zu schaffen und mehr Augenmerk auf den Text zu legen als andere Interpreten. Mit der Jazz-Legende Louis Armstrong verband Bing Crosby eine lebenslange Freundschaft: Schon früh in seiner Karriere war Crosby den Pionieren des Jazz begegnet. Heute ist Crosby vor allem bekannt wegen seiner zahlreichen Interpretationen von Weihnachtsmusik: Bing Crosbys Repertoire als Schauspieler und Interpret von Musik ist allerdings weitaus umfangreicher. Seine Engagements an der Seite von großen Schauspielern des 20. Jahrhunderts und Jazzlegenden gleichermaßen machen ihn bis heute zu einem unvergessenen Künstler des letzten Jahrhunderts.
Beitragsbild: Bing Crosby, amerikanischer Sänger
Bildnachweis: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Gerber, Hans / Com_L09-0188-0001 / CC BY-SA 4.0