Teil zwei
Teil eins hier
Senna folgte dem Willen seines Vaters: Er schrieb sich an der Universität von São Paulo ein, um Wirtschaft zu studieren. Sein Studium dauerte drei Monate, dann ließ er es fallen.
Der zwanzigjährige Senna konnte dem Universitätsbetrieb nichts abgewinnen – er wusste: Er war geboren, um Rennen zu fahren.
Ayrton fasste neue Entschlossenheit: Er wollte endlich in ein Rennauto steigen, wie die Formel-Eins-Fahrer es taten. Das Kart alleine war ihm nicht mehr genug.
Formel Ford
Im November 1980 machte sich Senna auf den Weg nach Großbritannien, um in der folgenden Saison der Formel Ford einzusteigen. Damals war die Formel Ford die erste Adresse für junge Rennfahrertalente, die sich einen Weg in die Formel Eins ebnen wollten.
Sennas Ziel war es, in der kommenden Formel-Ford-Saison in einen Van-Diemen-Rennwagen zu steigen: Wer Van Diemen fuhr, galt in der Formel Ford automatisch als Meisterschaftsfavorit.
Der Van-Diemen-Chef Ralph Firman gab Senna eine Chance – Senna wurde für die Formel-Ford-Saison 1981 Werksfahrer von Van Diemen.
9,4 Sekunden Vorsprung – im strömenden Regen
Schon früh in seiner ersten Rennsaison stellte Senna fest, dass nicht nur das Fahren selbst entscheidend ist: Er heuerte den Berufsfotografen Keith Sutton an, der ihn zukünftig auf Schritt und Tritt begleitete. Pressemitteilungen und Fotos von Sennas Rennerfolgen wurden an Presseagenturen gesandt, um seine Bekanntheit zu steigern.
Am 15. März 1981 gab Ayrton Senna eine Kostprobe dessen, was in der Formel Eins charakteristisch für ihn wurde: Bei einem Formel-Ford-1600-Rennen in Brands Hatch gewann Senna mit 9,4 Sekunden Vorsprung – im strömenden Regen.
Rückblickend auf Ayrtons erste Erfolge in der Formel Ford sagte Ralph Firman, Chef von Van Diemen:
„Zur Halbzeit der Formel Ford 1600 Saison 1981 war ich überzeugt davon, dass Ayrton eines Tages Weltmeister werden würde. Es war seine treibende Kraft, erfolgreich zu sein, die mich überzeugte, und die Tatsache, dass er Rennen in der Eröffnungsrunde für sich entschied. Die Lichter gingen aus und weg war er. In ein paar weiteren Runden würden die anderen genauso schnell sein, aber dann war es schon vorbei.“
Angebote aus der Formel Eins
Während seiner Zeit in der Formel Ford 1600 und der Formel Ford 2000 bekam Senna verschiedene Angebote von Formel-Eins-Rennställen: Von Toleman und McLaren erhielt Senna Angebote, eine Saison in der Formel 3 mit einer anschließenden Option auf die Formel 1 zu fahren.
Senna lehnte ab: Es war nicht seine Art, den erstbesten Vertrag zu unterschreiben, den man ihm anbot. Außerdem hatte er nicht das Gefühl, genügend Erfahrung für die Formel Eins gesammelt zu haben.
Lehrjahre in der Formel 3
So kam es, dass Senna Ende 1982 immer noch nach einem Formel-Eins-Vertrag Ausschau hielt, der ihm zusagen würde: In seinen ersten beiden Rennjahren hatte er vier Meisterschaften gewonnen und in 37 von insgesamt 47 Rennen den Sieg davongetragen. Senna wollte verhindern, zum „Teamsklaven“ gemacht zu werden, wie er es selbst oft formulierte. Die Zeit für die Formel Eins war 1982 für Senna also noch nicht gekommen.
Was für den jungen Senna nun folgte, waren wichtige Lehrjahre in der britischen Formel 3: Ab 1983 fuhr Ayrton Senna im Team West Surrey Racing der britischen Formel 3. Es waren die Jahre, welche die Grundpfeiler für seine spätere Formel-Eins-Karriere legten.
Probleme bei Senna
Senna war gekommen, um zu siegen: Alles andere bedeutete für ihn Versagen. Er gewann seine ersten neun Rennen in der Formel 3 – damit brach er Nelson Piquets Rekord von sieben Siegen hintereinander.
Zunächst sah es so aus, als ob Senna die britische Formel 3-Meisterschaft 1983 für sich entscheiden würde – nach den ersten neun Rennen brach seine Gewinnsträhne jedoch abrupt ab. Seine größte Konkurrenz, der Rennfahrer Martin Brundle, gewann Rennen für Rennen und Sennas Vorsprung in der Meisterschaftswertung wurde immer kleiner.
Schließlich stand kurz vor dem Finale Brundle auf Platz eins und Senna auf Platz zwei: Sennas Rennwagen hatte plötzlich ein Problem, doch keiner wusste, welches.
Überwältigende Lösung
Dann kam Dick Bennetts, dem Chef von Sennas Team, ein Geistesblitz: Beide, Senna und sein Konkurrent Brundle, verwendeten Toyota-Motoren. Die Motoren von Brundle wurden in Italien modifiziert, die von Senna in England: Sennas Motoren hatten schlichtweg eine Entwicklungsstufe verpasst. Sennas Rennwagen fehlte es an Geschwindigkeit auf den Geraden. Außerdem mangelte es dem Auto an Abtrieb an den Flügeln, weshalb das Auto in den Kurven schwer zu kontrollieren war.
Vor dem Finale der Formel 3-Meisterschaft sandte Sennas Team den Motor nach Italien, wo Senna tagelang an der Optimierung des Motors mitarbeitete.
Das Ergebnis war überwältigend: Senna konnte das letzte Rennen der britischen Formel 3-Meisterschaft 1983 für sich entscheiden und wurde Meister.
Aufstieg in die Formel Eins
Nach seinem Erfolg bei der Formel 3 war es soweit: Senna wollte zur Formel Eins übergehen. Für ihn galt es, ein Team zu finden, bei dem er die Erwartungen übertreffen würde: Die führenden Teams fielen also heraus, denn dort wäre der Druck am Anfang zu hoch gewesen. Zwar war der Formelrennsport für Senna längst kein unentdecktes Land mehr, die Formel Eins stellte aber schon damals in vielerlei Hinsicht eine größere Dimension dar.
Schließlich entschloss sich Senna dazu, in der Saison 1984 bei Toleman zu fahren.
Toleman war damals kein typisches Siegerteam, doch Senna wusste, was er tat und gab sein Bestes …
Maßgebliche Quellen: Rubython, Tom: „Ayrton Senna: Ein Leben am Limit“, 2013 Delius Klasing Verlag & Jones, Bruce: „Ayrton Senna – Portrait of a racing legend“, 2019 Carlton Books.