Fortsetzung von Teil zwei

Am 29. Oktober 1956 gab Maria Callas ihr Debüt an der Metropolitan Opera in New York in der Rolle der Norma aus der gleichnamigen Oper von Vincenzo Bellini. Dass die Arie „Casta Diva“ aus Norma in Maria Callas eine ihrer bekanntesten Interpretinnen finden würde, konnte man noch nicht ahnen: „Norma“ war dem Publikum der Met noch recht unbekannt und viele Zuschauer kamen nur, um die Callas einmal live zu erleben.
So erfolgreich ihr Debüt auch war – sogar Marlene Dietrich, die sich sieben Monate im Voraus eine Karte für das Callas-Debüt reservierte, wollte sie im Anschluss treffen – so überschattet wurde die Premiere von der aufbrausenden Skandalberichterstattung über Maria.

Time Magazine

Am Tag der Premiere der „Norma“ schmückte Callas das Cover des Time Magazine und folglich widmete das Magazin ihr die Coverstory: In diesem Artikel sei es aber nicht um die Kunst der Sopranistin, sondern vielmehr um das Wecken von Ressentiments bei den Lesern gegangen, so Jürgen Kesting. Ein Phänomen, das Maria von nun an während ihrer gesamten Karriere begleiten sollte – Zeitungen und Klatschblätter brachten auf Kosten der Primadonna verkaufsantreibende Storys heraus, auf die sie selbst oft mit offenen Briefen oder aufklärenden Artikeln antwortete.

Mit einer Halsentzündung auf der Bühne

1958 brachen zwei Skandale über die Sopranistin herein, welche die Kunst der Sopranistin in der Öffentlichkeit in den Hintergrund drängten. Jedes Mal, wenn sich die Schlagzeilen mit der Primadonna beschäftigten, ging es nicht um die Kunst der Oper, sondern um den neuesten „Affront“ der Callas.
So kam es, dass sie sich am Abend des 2. Januar 1958 mit einer Halsentzündung auf die Bühne des Teatro dell’Opera in Rom begab, um die Rolle der „Norma“ zu singen und die Scala-Saison zu eröffnen.
Nach dem ersten Akt verließ sie allerdings die Bühne und entschloss sich, wegen ihrer schwindenden Stimme, die Vorstellung abzubrechen. Da kurzfristig kein Ersatz für die Rolle der Norma verfügbar war, wurde die Veranstaltung abgebrochen.
Als die entsprechende Durchsage erfolgte, war das Publikum, in dem unter anderem der italienische Staatspräsident saß, zutiefst empört. 

Lynchkampagne

Den nun folgenden Skandal griff die Weltpresse sofort auf, die Callas musste wegen des Presserummels durch einen unterirdischen Tunnel von der Oper in ihr Hotel evakuiert werden. In den darauffolgenden Tagen kochte der Skandal derart hoch, dass sämtliche politischen Tagesthemen dem Callas-Skandal weichen mussten und die Primadonna Rom am 9. Januar unter Polizeischutz verlassen musste.
In einem offenen Brief vom 14. Januar 1958 schreibt Maria Callas, dass sie den Skandal als Strafe für ihre erfolgreichen Jahre ansieht und spricht von einer regelrechten Lynchkampagne gegen sie.
Außerdem erwähnt sie ihre Pflicht gegenüber dem Komponisten der Oper, Vincenzo Bellini, die es nicht zugelassen hätte, die Oper weiterzusingen. Allein mit dem Singen des ersten Aktes habe sie das Bild der Oper ihrer Ansicht nach schon genug beschädigt.
In diesen Tagen fühlte sich Maria Callas verlassen, wenngleich sie von vielen Freunden, Bekannten und Fremden unterstützt wurde.
Dass sie im Anschluss an diese Pressekampagne überhaupt noch einmal Motivation zum Singen fand, war Verdienst ihrer Unterstützer, die Verständnis für die künstlerische Entscheidung der Callas aufbrachten.

Bruch mit der Scala

Wenige Monate nach diesem Skandal folgte am 31. Mai 1958 der Bruch mit der Scala: Nach der 157. Scala-Aufführung ihrer Karriere verließ sie das mailändische Operntheater und wurde zum Abschluss ihrer letzten Darbietung von „Il Pirata“ (Vincenzo Bellini) noch einmal mit nicht enden wollenden Ovationen belohnt. Das verärgerte den Intendanten der Scala Antonio Ghiringhelli so sehr, dass er die Ovationen mit dem Herunterlassen des Eisernen Vorhangs beendete.
Hinzu kam, dass am 6. November des gleichen Jahres der Direktor der Metropolitan Opera Rudolf Bing den Vertrag mit Maria Callas auflöste.
Dennoch endete das Jahr 1958 für die Primadonna mit einem Triumph: Am 19. Dezember 1958 feierte sie ihr Pariser Debüt mit einem Konzertabend, an dem sie unter anderem die Arie „Casta Diva“ aus „Norma“ sang:

Das Konzert wurde live in ganz Westeuropa übertragen. Es machte die Callas, die bis dato vorrangig den Opernliebhabern bekannt war, auf einen Schlag europaweit bekannt. Im Publikum saß die gesamte Pariser High Society – darunter der französische Staatspräsident und der „Tankerkönig“ Aristoteles Onassis. Mit Aristoteles Onassis verband Maria Callas fortan eine enge Beziehung, die sogar dazu führte, dass sich die Callas in einem von der Presse vielbeachteten Gerichtsprozess von ihrem Ehemann Meneghini scheiden ließ.

Aristoteles Onassis

Ursprünglich war es Meneghini, der Maria davon überzeugte, an Bord der Christina, Onassis’ Yacht, eine Kreuzfahrt zu unternehmen, nachdem Onassis sie dazu eingeladen hatte. An Bord der Christina hatten Onassis und Callas zum ersten Mal die Möglichkeit, sich kennenzulernen.
1959 lag die Callas im Zwist mit sämtlichen großen Opernhäusern der Welt – auch mit dem Direktor der Metropolitan Opera gab es Ärger, man kündigte der Callas den Vertrag. Der Ehemann der Callas übte Druck aus, sie möge unbedingt ihren verbleibenden Verträgen nachkommen und kontrollierte weiterhin die Finanzen der Callas, was ihr nicht passte.
Aristoteles Onassis hingegen sei in dieser Zeit der Freund gewesen, den sie immer gesucht habe, schreibt sie in ihren 1977 verfassten Memoirenfragmenten. Er ermutigte sie dazu, Filme zu machen und sagte ihr, sie müsse nicht länger in dem anstrengenden Beruf der Opernsopranistin auf der Bühne stehen…

Simon von Ludwig | Mehr über Maria Callas


Teil vier

Maßgebliche Quellen: Volf, Tom: Maria Callas – Lettres & Mémoires, Editions Albin Michel, 2019; Kesting, Jürgen: Maria Callas, List Taschenbuch, 9. Aufl. 2018 & Csampai, Atilla: Maria Callas: Gesichter eines Mediums, Schirmer/Mosel Verlag 1993 

Beitragsbild: Maria Callas 1973 am Flughafen Amsterdam Schiphol
Bildnachweis: Fotograaf Onbekend / Anefo, Nationaal Archief, CC0

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