Seitdem er sieben Jahre alt war, stand fest, dass er eines Tages Schauspieler werden würde, sagte Alan Rickman einst. Doch bevor Rickman Schauspieler wurde, ging er seiner Leidenschaft für die Kunst nach: Er studierte Grafikdesign und gründete nach seinem Abschluss seine eigene Designagentur Graphiti.
Alan Rickman stammte aus einfachen Verhältnissen: Sein Vater war Fabrikarbeiter und starb, als Rickman noch sehr jung war. Damals war es wenig üblich für einen Jugendlichen aus sehr einfachen Verhältnissen, zu studieren. Noch weniger üblich war es, eines Tages ein weltbekannter Schauspieler zu werden. Rickman ermöglichte sich sein Grafikdesign-Studium durch verschiedene Stipendien und Nebenjobs.
Ausbildung zum Schauspieler
Nachdem sich seine eigene Designagentur als erfolgreich herausstellte, fasste Rickman den Entschluss, professioneller Schauspieler zu werden: In der Vergangenheit hatte er bereits in verschiedenen College-Inszenierungen Rollen gespielt. Schon damals wurde seine Stimme als Hauptmerkmal seines schauspielerischen Talents herausgestellt: Seine tiefe Stimme avancierte zu einem seiner unverwechselbaren Merkmale und machte ihn berühmt.
Als er 26 Jahre alt war, bewarb er sich um einen Platz an der Royal Academy of Dramatic Art (RADA), einer der prestigeträchtigsten Schauspielschulen in Großbritannien. Zahlreiche Weltstars absolvierten dort ihre Ausbildung zum Schauspieler. Rickman besuchte die RADA für zwei Jahre und bekam dort einen ersten Zugang zur professionellen Schauspielerei.
Shakespeare
Alan Rickman sammelte seine ersten Erfahrungen als Schauspieler im Genre des Repertory Theater und trat unter anderem in Sheffield, Birmingham, Nottingham und Glasgow auf. Dort sammelte Rickman schauspielerische Erfahrungen und verfeinerte sein Handwerk.
Zunächst baute sich Alan Rickman ein großes britisches Rollenrepertoire auf: Anfang der Achtziger trat er der Royal Shakespeare Company bei – dort baute er sich ein großes Shakespeare-Repertoire auf und verdiente sich als klassischer Schauspieler das Lob der Kritiker.
Ende der Achtziger erhielt Alan Rickman ein besonderes Angebot: Er sollte die Rolle des Bösewichts Hans Gruber im Actionstreifen Stirb langsam [Die Hard, 1988] übernehmen.
Stirb langsam
Zunächst wollte Rickman die Rolle ablehnen: Ursprünglich dachte er, es sei nicht die Art von Rolle, die er gerne spielen wolle. Schließlich rang Rickman sich dazu durch, die Rolle zu akzeptieren: Er sollte es nicht bereuen. Rickmans Darstellung des Terroristen Hans Gruber trug maßgeblich zum Erfolg von Stirb langsam bei. Ursprünglich waren die Erwartungen an Stirb langsam gering, doch es war nicht zuletzt Alan Rickmans schauspielerische Leistung, mit der sich Stirb langsam von anderen Actionfilmen abhob. Stirb langsam avancierte zu einem der erfolgreichsten Actionfilme der Achtziger und markierte den Beginn einer langen Serie an Stirb langsam-Actionfilmen.
Bösewichte
Mit dem Erfolg von Stirb langsam wurde Alan Rickman auf einen Schlag zu einem gefragten Schauspieler in Hollywood: Sein Name wurde vor allem für die Rollen von Bösewichten gehandelt. Rickman äußerte im Laufe seiner Karriere immer wieder die Befürchtung, auf die Rolle des Antagonisten festgelegt zu werden: Tatsächlich wurde Rickman besonders häufig in der Rolle von Bösewichten besetzt.
1991 wurde er in der Rolle des Sheriff of Nottingham in Robin Hood – König der Diebe an der Seite von Kevin Costner besetzt: Zum zweiten Mal spielte er den Antagonisten in einem Hollywood-Streifen.
Komödien
Spätestens nach seiner Rolle in Robin Hood wurde ihm bewusst, dass er nicht nur Bösewichte spielen wollte: In der englischen Tragikomödie Wie verrückt und aus tiefstem Herzen [Truly, Madly, Deeply, 1990] spielte Alan Rickman eine der Hauptrollen und zeigte, dass er auch in Komödien brillieren konnte. Rickman vermochte es, in komödiantische Rollen zu schlüpfen, ohne dass sich das Publikum an seine Rollen als Bösewichte erinnert fühlte. Die Leinwandfigur des Hans Gruber oder des Sheriff of Nottingham war ausgeblendet, wenn Rickman in andere Rollen schlüpfte: Alan Rickman entging der großen Gefahr, während seiner gesamten Karriere auf die Rolle des Bösewichts festgelegt zu werden.
Rickman als Regisseur
Mitte der Neunziger Jahre entdeckte Alan Rickman eine weitere Leidenschaft: Bei einer Inszenierung des Theaterstücks The Winter Guest (1995) führte Alan Rickman Regie. Für die Verfilmung des Theaterstücks, die zwei Jahre später in die Kinos kam, nahm Rickman ebenfalls auf dem Regiestuhl Platz.
Auch nachdem er den Status eines Kinostars erreicht hatte, blieb er der Theaterbühne verbunden: Für ihn bildete die Theaterbühne die Grundlage für alles, was das Publikum auf der Kinoleinwand zu sehen bekam und stützte sich stets auf die Erfahrungen, die er in jungen Jahren am Theater gesammelt hatte.
Severus Snape
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts schlüpfte er in die Rolle des Severus Snape in der Harry Potter-Filmreihe: Vielen Anhängern der Harry Potter-Reihe ist Alan Rickman bis heute wegen seiner Rolle als Severus Snape ein Begriff. Bei der Rolle des Severus Snape ist es nicht ganz eindeutig, ob es sich um einen „guten“ oder einen „bösen“ Charakter handelt: Der Charakter entwickelt sich im Laufe der Filmreihe und lässt nur langsam seine Maske fallen und enthüllt seine wahren Absichten. Alan Rickman verstand es wie kaum ein anderer Schauspieler, die Entwicklung eines Charakters über mehrere Filme hinweg darzustellen. Zwischen 2001 und 2011 schlüpfte Alan Rickman in insgesamt acht Harry Potter-Filmen in die Rolle des Severus Snape.
Bottle Shock
2008 schlüpfte Alan Rickman in Bottle Shock in die Rolle des britischen Weinkritikers Steven Spurrier: Der Film handelt von einem Weingut im kalifornischen Napa Valley, dessen Besitzer erpicht darauf ist, den perfekten Wein zu erzeugen. Rickmans Charakter Steven Spurrier ermutigt die Besitzer des Weinguts aus dem Napa Valley, mit seinem Weißwein an einer blinden Weinprobe in Paris teilzunehmen. Auch in diesem Film spielte Alan Rickman eine Rolle, die sich von seinem sonstigen Repertoire stark unterschied – in Bottle Shock verkörperte Rickman einen Weinkenner, der von der Überlegenheit des europäischen Weinbaus überzeugt ist und durch eine Reise nach Kalifornien eines Besseren belehrt wird.
Schauspielerische Kunst im Vordergrund
Man kann Alan Rickman nicht auf seine Rollen als Bösewichte reduzieren: Zwar hätte seine Karriere ohne die Rolle des Hans Gruber in Stirb langsam kaum einen solch erfolgreichen Lauf genommen, doch Rickmans schauspielerische Fähigkeiten gingen weit über das Darstellen von Antagonisten hinaus. Das Theater blieb für ihn bis ans Ende seiner Karriere der Ausgangspunkt aller schauspielerischen Tätigkeit – ohne seine Ausbildung an britischen Theatern wäre es Rickman kaum möglich gewesen, seine Rollen mit der von ihm bekannten Dramaturgie und Tiefgründigkeit zu verkörpern. Folgt man seinen Tagebüchern, lehnte Alan Rickman 2008 die Erhebung in den persönlichen britischen Adelsstand ab: Für ihn stand im Laufe seiner gesamten Karriere die schauspielerische Kunst im Vordergrund.
Maßgebliche Quelle: Madly, Deeply: The Alan Rickman Diaries, 2022 Canongate Books
Beitragsbild: © Simon von Ludwig