Bis heute ist es Gegenstand hitziger Debatten, ob der Whisky ursprünglich aus Irland oder aus Schottland stammt. Whisky aus Schottland war lange Zeit der Platzhirsch auf dem Whisky-Markt: Die irischen Whiskeybrennereien heben sich von den schottischen Brennereien bewusst ab, indem sie Whiskey mit „e“ schreiben.
Obwohl allgemein geglaubt wird, der Whisky sei ursprünglich ein schottisches Erzeugnis, deutet vieles darauf hin, dass in Irland das erste Getränk destilliert wurde, das dem heutigen Whiskey nahekommt.
Einer Legende zufolge soll das Handwerk der Destillation bereits im 5. Jahrhundert in Irland praktiziert worden sein: Deshalb behaupten die Iren von sich, die Erfinder des Whiskys zu sein. 

Lebenswasser

In der gälischen Sprache nannte man den Whisky uisge beatha: Diese Bezeichnung geht auf den lateinischen Ausdruck aqua vitae zurück, der so viel bedeutet wie „Lebenswasser“. Diese Bezeichnung trägt der Whisky nicht ohne Grund bis heute: Das Wasser spielt bei der Produktion von Whisky eine große Rolle. Wasser wird zum Maischen benötigt, für die Kühlung bei der Destillation, bei der Fassabfüllung und letztlich zum Verdünnen des Whiskys, sodass er trinkbar wird. Der Qualität des Wassers hat dabei eine besonders hohe Priorität: Manche Whisky-Destillerien kauften den gesamten Grundbesitz rund um die örtliche Trinkwasserquelle auf, um die Qualität des Wassers selbst kontrollieren zu können. Der Begriff „Lebenswasser“ rührt daher nicht nur von der belebenden Wirkung, die dem hochprozentigen Getränk zugeschrieben wird, sondern auch von der hohen Qualität des bei der Herstellung verwendeten Wassers. 

Fest steht also nur, der Whisky wurde irgendwo auf den Britischen Inseln erfunden.

Schottland oder Irland?

Der Missionar Saint Patrick soll die Kunst der Destillation – die Grundlage für die Herstellung von Whisky – nach Irland gebracht haben: Schottische Whiskykenner argumentieren, Saint Patrick sei in Schottland geboren und damit sei auch der Whisky eine schottische Erfindung. 

Fest steht also nur, der Whisky wurde irgendwo auf den Britischen Inseln erfunden.
Im Mittelalter verbreitete sich das Wissen um die Whiskyherstellung rasend schnell auf den Inseln: Die Schotten machten es den Iren bald nach – mit einem Unterschied: Für das Befeuern der Öfen, in denen die Gerste gedarrt wird, verwendet man in Schottland Torf – einen Rohstoff, der dank der schottischen Moore zuhauf vorhanden ist. Die Iren setzen bis heute auf Kohle. Der Torf ist dafür verantwortlich, dass schottischer Whisky einen rauchigen Einschlag erhält. 

Der Whisky war zunächst alles andere als ein Genussmittel: Er galt vor allem als Heilmittel und hielt als solches Einzug am schottischen Königshof im 15. Jahrhundert. Jedoch dauerte es nicht lange, bis die Bevölkerung auf den Trichter kam, Whisky als Genussmittel einzusetzen und sich mit der alkoholischen Wirkung vom alttäglichen Leid abzulenken. Der Konsum uferte aus und die  Gerste wurde knapp: Das schottische Parlament entschied 1572, die Whiskybrennerei zu einem Privileg des Adels zu machen. Doch der Funke war zur großen Masse übergesprungen: Unzählige Schwarzbrennereien sprossen aus dem Boden und belieferten das Volk mit Whisky. 

Schwarzbrennereien

Als 1707 der Act of Union geschlossen wurde und das schottische Parlament in das englische integriert wurde, kam die auf englischem Boden schon lange geltende Whiskysteuer auch in Schottland zum Tragen: Es kam zu Aufständen und in den schwer zugänglichen schottischen Highlands entstanden zahlreiche Schwarzbrennereien. Bis heute ist der Whisky das Nationalgetränk der schottischen Highlands.
Erst über ein Jahrhundert später kam die Ära der Schwarzbrennereien in Schottland zu einem Ende, als es für die Whiskybrennereien einfacher wurde, als legale Brennereien anerkannt zu werden. Mit dem Exercise Act von 1823 waren fortan Lagerung und Export von Whisky steuerfrei, es fielen lediglich jährliche Gebühren für eine Art Gewerbeschein an. Damit waren viele Brennereien, die bisher illegal arbeiteten, fortan gewerbliche Whiskyproduzenten. Innerhalb weniger Jahre verdoppelte sich die Anzahl offizieller Whiskydestillerien. 

Obwohl Schottland und Irland damit scheinbar gleiche Chancen hatten, lief der schottische Whisky dem irischen Whiskey im 18. Jahrhundert den Rang ab.

Folgenschwere Entscheidungen

In Irland verlief die Geschichte des Whiskey ähnlich: Astronomische Steuern zwangen die irische Whiskey-Industrie in die Knie und hatten zur Folge, dass zahlreiche Schwarzbrennereien Fuß fassten. 1823 wurde – im gleichen Jahr wie in Schottland – in Irland ein Gesetz erlassen, das die Besteuerung von Whisky deutlich lockerte. Obwohl Schottland und Irland damit scheinbar gleiche Chancen hatten, lief der schottische Whisky dem irischen Whiskey im 18. Jahrhundert den Rang ab. Das hängt mit einer Entscheidung der zwei vorherrschenden irischen Whiskey-Produzenten im Jahr 1832 zusammen: Der pensionierte irische Steuerbeamte Aeneas Coffey bot den Whiskydestillerien an, Whisky in Zukunft in einem angepassten Verfahren aus verschiedenen Getreidesorten gewinnen zu können.     

Malts und Blends

Bisher war es streng vorgeschrieben gewesen, Whisky nur aus Gerste zu gewinnen: Dieses Verfahren trägt den Namen Pot Still-Verfahren. Die irischen Brennereien lehnten den Vorstoß von Coffey ab und stellten weiterhin Whisky nur nach dem Pot Still-Verfahren her. Die Schotten aber nahmen den Vorschlag dankend an und stellten Whisky fortan auch aus verschiedenen Getreidesorten her: Verschiedene Getreidesorten – Blends genannt –  schmecken nicht nur sanfter als reine Malts (englisch für Gerste), sondern sind auch deutlich kostengünstiger in der Herstellung. Damit schaffte es der schottische Whisky, international bekannt zu werden und den irischen Whisky, der kräftiger schmeckte und deutlich teurer war, nahezu komplett vom Markt zu verdrängen. 

Prohibition

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 kam die Whiskyproduktion schier zum Erliegen: Das Verwenden von Getreide zum Herstellen von Genussmitteln wurde untersagt. Kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs musste die Branche dann einen weiteren Schlag einstecken: Das Jahr 1919 markierte den Beginn der Prohibition in den USA, womit ein legaler Handel mit Whisky in den USA unmöglich wurde. Die schottischen und nordirischen Aussiedler hatten den Whisky im 18. und 19. Jahrhundert mit auf den nordamerikanischen Kontinent gebracht. In den ehemaligen englischen Kolonien entstanden in den USA nun Whiskybrennereien, die bis heute einen großen Teil des Whiskymarktes beherrschen. Doch Whisky aus Großbritannien blieb nach wie vor hoch im Kurs: Als 1933 die Prohibition abgeschafft wurde, konnten die Schotten – anders als die Iren – den amerikanischen Markt mit riesigen Mengen ausgereiftem Whisky überschütten…

Simon von Ludwig

Teil zwei: Herstellung & Zutaten

Beitragsbild: © Simon von Ludwig

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